Interview mit Michael Siefener

Vincent Preis: Hallo Herr Siefener. Stellen Sie sich doch unseren Lesern einmal vor.

Michael Siefener: Gern! Geboren 1961 in Köln, dort zur Schule gegangen und später Jura studiert, aber diesen Beruf habe ich nie ausgeübt. Stattdessen lebe ich seit 1992 als freier Schriftsteller und Übersetzer. Von 1988 bis 2002 war ich mit meiner Frau Andrea verheiratet, einer Chemikerin, deren Langmut und Unterstützung ich es zu verdanken habe, dass ich überhaupt in das literarische Fach wechseln konnte. Wir lebten in Haan, einer kleinen Stadt zwischen Düsseldorf und Wuppertal, und dort entstanden etliche meiner Bücher, auch „Der schwarze Atem Gottes“. 2002 verstarb meine Frau, und 2004 zog ich in die Eifel. Wie das Leben so spielt, lernte ich dann meine neue Partnerin Silke Urbanksi kennen, auch eine Schriftstellerin, die in Hamburg lebt, und nun pendle ich zwischen der Eifel und dem hohen Norden hin und her.

Vincent Preis: Ihr Roman „Der schwarze Atem Gottes“ erreichte beim Vincent Preis 2012 den 3. Platz!

Michael Siefener: Ich bin verblüfft! Es ist das erste Mal, dass eine Arbeit von mir für einen Preis nominiert wurde, und darüber freue ich mich wie ein Schneekönig!

Vincent Preis: Worum geht es in dem Roman? Und können Sie etwas dazu sagen, wie die Geschichte entstand?

Michael Siefener: Es ist eine historisch-phantastische Geschichte, mein Versuch, einen Mainstream-Roman zu schreiben. Wie gesagt, ist er schon älter. Damals war er bei einer literarischen Agentur unter Vertrag, die mehrfach vor einem Abschluss stand, doch aus verschiedenen Gründen wurde nie etwas daraus. Ich legte das Buch enttäuscht in die Schublade, und als der Atlantis-Verlag eine Zusammenarbeit anregte, fiel mir dieser Text wieder ein. So kam es zu einer späten, aber schönen Veröffentlichung.

Vincent Preis: Es gibt eine Wikipedia Seite über Michael Siefener, aber keine Homepage. Warum eigentlich?

Michael Siefener: Leider bin ich ein vollkommener Internet- und Computer-Laie. Auch der Eintrag bei Wikipedia stammt nicht von mir. Ich kann mich mit diesen Dingen einfach nicht anfreunden; vielleicht ist es ein Anzeichen des Alterns.

Vincent Preis: Die Liste der Veröffentlichung ist ja lang. Uwe Voehl hat mir Chimären empfohlen. Welchen Band würden Sie dem geneigten Leser ans Herz legen.

Michael Siefener: Die fiktive Biographie über den Schriftsteller Albert Duncel (Albert Duncel. Ein biographischer Versuch), erschienen bei Boris Kochs Medusenblut. Leider aber ist das Buch – wie das meiste andere auch – schon vergriffen (für des Französischen Mächtige: Es gibt aber eine Übersetzung, „Albert Dunkel, écrivain de génie, tueur en série“, erschienen bei Serge Safran Éditeur, Paris). Oder „Die Stadt der unaussprechlichen Freuden“ bei EP (leider aber recht teuer, dafür sehr schön gemacht, mit phantastischen Illustrationen), oder eine billige antiquarische Ausgabe von „Nonnen“. Oder auch die „Chimären.“ Und vielleicht noch mein erster Roman „Die Entdeckung der Nachtseite“ (Verlag Gerhard Lindenstruth, noch erhältlich, ebenfalls wunderbar illustriert), der erst 2011 erschien und eine noch verrücktere Veröffentlichungsgeschichte als „Der schwarze Atem Gottes“ hinter sich hat.

Vincent Preis: Die Bücher sind in unterschiedlichsten Verlagen erschienen. Mal Kleinverlage, mal Publikumsverlage. Wie kam es dazu?

Michael Siefener: Die einzige Veröffentlichung in einem „richtigen“ Publikumsverlag war die der „Nonnen“ bei Heyne. Damals herrschte dort noch die unvergleichliche Friedel Wahren über die Fantasy, und ihr war es egal, ob ein Buch möglicherweise ein Flop wurde, wenn es ihr nur gefiel. Heute habe ich dort – und auch bei den anderen großen Verlagen – keine Chance mehr, da die Verkaufsaussichten meiner Texte nicht sehr gut sind. Übrigens verkauften sich die „Nonnen“ tatsächlich eher mittelmäßig. Und die Veröffentlichungen bei KBV waren dem Wagemut des Verlegers geschuldet, eine Reihe mit Regional-Phantastik zu beginnen. Im Gegensatz zu den Regionalkrimis aber ließ der Verkauf nach ersten Erfolgen zu wünschen übrig, und die Reihe wurde eingestellt. Seitdem habe ich nicht mehr versucht, an größere Verlage heranzutreten. Es fällt mir schwer, mich an teils recht enge Vorgaben zu halten. Vielleicht werde ich es noch einmal tun, aber im Augenblick arbeite ich an anderen Projekten, die meine ganze Zeit in Anspruch nehmen.

Vincent Preis: Sie sind ja schon lange in der Szene unterwegs. Was waren die positiven und negativen Highlights ihrer Zeit als Horrorautor?

Michael Siefener: Schwer zu sagen. Das Positive war jedenfalls immer wieder das eine oder andere anregende Gespräch mit Gleichgesinnten. Ein negatives Highlight ist mir nicht erinnerlich.

Vincent Preis: Wie beurteilen Sie die Szene?

Michael Siefener: Ich muss gestehen, dass ich nicht mehr den Überblick über sie habe und daher kein Urteil mehr abgeben kann. Ich scheine mich ziemlich zurückgezogen zu haben.

Vincent Preis: Was steht an Veröffentlichungen aktuell an? Worauf darf sich der Michael Siefener Liebhaber freuen?

Michael Siefener: In einiger Zeit wird ein kurzer Roman bei Atlantis erscheinen, der jedoch eher bizarr und krank als phantastisch ist, und darüberhinaus arbeite ich an einem Projekt zur Erforschung der Zauberbücher mit – also nichts Literarisches, aber ein faszinierendes Thema, übrigens unter Federführung des in Phantastikkreisen sehr bekannten Prof. Dr. Marco Frenschkowski.

Vincent Preis: Vielleicht noch ein Wort an die Leser dort draußen!

Michael Siefener: Bleibt euren literarischen Vorlieben treu!



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