Interview mit Fred Ink

Vincent Preis: Hallo Fred. Stell dich mal kurz vor. Wer ist Fred Ink?

Fred Ink: Ein Nerd, Spinner und Indie-Autor. 33 Jahre alt, derzeit wohnhaft in Helsinki. Hat beruflich schon alles Mögliche gemacht und ist u.a. Ergotherapeut und Diplombiologe. Fasziniert von bizarren und fantasievollen Geschichten, sei es in der Fantasy, Science Fiction oder im Horror-Bereich. Hegt eine Vorliebe für schottischen Whisky und ist öfter auf Rockkonzerten anzutreffen. Mag Raben. Riecht gern an Büchern.

Vincent Preis: Dieses Jahr ist dein Roman Wurmstichig erschienen. Worum geht es da?


Fred Ink: »Wurmstichig« ist eine abgründige Erzählung rund um kosmisches Grauen, das sich von der schwäbischen Alb aus schleichend über – oder sollte ich sagen: unter ;) – den Erdball verteilt. Ich habe darin einige weniger angenehme Fakten aus der Parasitologie verarbeitet, außerdem ist die Novelle gespickt mit detektivischen Elementen. Zahlreiche Verweise – mal mehr, mal weniger offensichtlich – machen die Story zu einer Lovecraft-Hommage. Wer sich mit den Geschichten des »Einsiedlers aus Providence« auskennt, dürfte manches in abgewandelter Form wiedererkennen. »Wurmstichig« ist dabei jedoch mehr als bloße Nachahmung. Vielmehr verlagert es die Handlung in die Gegenwart, fügt eigenständige Ideen ein, erweitert den Mythos und erschafft so eine ganz eigene Form des Grauens, gleichzeitig klassisch und modern. Da es im Gegensatz zu Lovecrafts Werken auch temporeiche und ekelerregende Abschnitte enthält, ist es definitiv nichts für Zartbesaitete.


Vincent Preis: Dein Roman erschien bei Create Space Publishing. Warum hast du den Band selbstverlegt und nicht bei einem Verlag?

Fred Ink: Ganz ehrlich? Ich hatte es einfach satt, monatelang auf eine Ablehnung zu warten … oder darauf, dass überhaupt nichts geschieht.
Obwohl ich für meine Stories bislang überwiegend positive Kritiken bekommen habe, hatte ich nie Glück mit Verlagen. Mein letztes Werk (»Das Grauen in den Bergen«) wurde mit den absurdesten Begründungen abgelehnt (»Zu kurz für eine Veröffentlichung«, »Passt inhaltlich nicht ins Verlagsprogramm« – wohlgemerkt kam das von Verlagen, die teilweise deutlich kürzere Werke verlegt haben und auf Horror spezialisiert sind). Also habe ich es schließlich über Create Space veröffentlicht … und das Buch hat seitdem so viele begeisterte Rückmeldungen hervorgerufen, dass ich es kaum glauben kann. Es verkaufte sich ohne Werbung oder sonstige PR-Aktionen weit über 1000 x – und so mancher Verleger ärgert sich angesichts der Resonanz hoffentlich ein wenig.
Da »Wurmstichig« in eine ähnliche Kerbe schlägt wie »Das Grauen in den Bergen«, habe ich mir diesmal erst gar nicht die Mühe gemacht, nach einem passenden Verlag zu suchen. Tatsache ist (und ich hoffe, das klingt nicht arrogant): Wenn ich in den letzten Jahren etwas gelernt habe, dann, dass ich keinen Verlag brauche.

Vincent Preis: Worin siehst du die Unterschiede zwischen CSP und einer Kleinverlagsveröffentlichung?

Fred Ink: Wenn ich es in eine kurze Formel packen müsste, würde ich sagen: CS bietet größere Freiheit, bedeutet aber auch ein Vielfaches an Arbeit; zumindest, wenn man etwas Hochwertiges abliefern möchte.
Niemand redet mir rein und bringt mich dazu, Änderungen am Manuskript vorzunehmen, die sich für mich falsch anfühlen würden. Wenn etwas schiefläuft, weiß ich genau, wer Schuld hat und kann etwas dagegen unternehmen. Für mich springt mehr dabei raus. Am Ende ist alles genau so, wie ich es haben möchte.
Im Gegenzug muss ich mich aber um alles selbst kümmern. Im Idealfall braucht es ehrliche Testleser und ein fähiges Lektorat, um den Text präsentabel zu machen. Sofern man kein künstlerisches Genie ist, muss man für das Cover einen Grafiker anheuern. Der Text will einigermaßen ansprechend gesetzt sein. Und man muss ihn korrigieren, immer und immer wieder. Auf der Suche nach den letzten Fehlern überarbeite ich meine Werke meist so oft, dass ich sie am Ende auswendig vortragen könnte und phasenweise selbst nicht mehr mag. Schließlich muss man sich um die Öffentlichkeitsarbeit kümmern. Soziale Netzwerke wollen bedient, Gewinnspiele organisiert werden. Man kontaktiert Blogger und Fanzines, bittet um Rezensionen, nimmt an Wettbewerben teil … das alles verschlingt Zeit, die man lieber mit dem Schreiben der nächsten Story verbringen würde. Aber es führt kein Weg daran vorbei.
Allerdings bliebe einem auch als Verlagsautor vor allem der letzte Punkt kaum erspart, denn den meisten Verlagen fehlen schlicht die Ressourcen, um alle ihre Schriftsteller zu promoten.

Vincent Preis: Wurmstichig ist nicht dein erster Roman. Was hast du bisher veröffentlicht und welche deiner Werke würdest du besonders empfehlen?

Fred Ink: Natürlich alle! Aber im Ernst: Meine Empfehlungen hängen vom individuellen Geschmack der Leser ab. Ich beschränke mich nicht auf ein einzelnes Genre und wage mich auch gerne an stilistische Experimente. Aktuell arbeite ich z.B. an einem geradlinigen (wenn auch knallharten) Thriller ohne Übernatürliches und/oder Horrorelemente. Ich vermute daher, dass man recht unterschiedliche Antworten bekäme, wenn man meine Leser nach ihrem »Lieblings-Ink« fragen würde.
Wer klassische, atmosphärische Horrorgeschichten in der Tradition von Poe und Lovecraft mag, sollte sich vielleicht mal »Das Grauen in den Bergen« ansehen.
Leser, die generell an Horror interessiert sind und Zombies mögen, finden wahrscheinlich Gefallen an der Anthologie »Der ist nur tot …«, die ich gemeinsam mit einigen Autorenkollegen organisiert habe. Wir versuchen darin, das Phänomen Zombie aus möglichst vielen Blickwinkeln zu beleuchten (in meinem Beitrag, der Story »Lifting«, geht es beispielsweise um eine missglückte Schönheits-OP).
Und wer gerne über den Tellerrand blickt, Spaß an verrückten Plots hat und es verknusen kann, dass Genregrenzen niedergerissen werden, möchte eventuell einen Blick in meine Fantasy-Trilogie »Strange Days« werfen. Ich habe mir beim Schreiben der Reihe als einzige Regel auferlegt, mich nicht an die gängigen Regeln zu halten. Die Bücher beinhalten eine abgefahrene Parallelwelt, reichlich Action, Blut, Sex, Drogen und – vor allem gegen Ende – Horrorelemente und Lovecraft-Anleihen. Sie sind total verrückt, machen aber (so hoffe ich) auch einen Heidenspaß.

Vincent Preis: Nach der Veröffentlichung ist vor der Veröffentlichung. Was kann der Leser in Zukunft aus deiner Feder erwarten?

Fred Ink: Wie oben erwähnt, arbeite ich derzeit an einem Thriller. Ich will noch nicht viel über die Handlung verraten, allerdings kann ich versprechen, dass es darin ordentlich »auf’s Maul« geben wird.
Ansonsten bleibe ich natürlich dem Horror treu. In meinem Hirn zirkulieren bereits Ideen für weitere fiese Geschichten. Lasst euch überraschen!

Vincent Preis: Wie beurteilst du die deutsche Horrorszene? Was hat sie schon und was fehlt noch?

Fred Ink: Puh, schwer zu sagen. Ich würde der deutschen Horrorszene natürlich wünschen, dass sie noch größere Anerkennung erfährt. Der deutsche Horror ist quasi ein Nischenprodukt. Er bedient eine eingeschworene Gemeinde an Liebhabern, allerdings ist diese recht überschaubar. Obwohl es hierzulande viele talentierte Autoren gibt, erlangen sie selten größere Berühmtheit. So gesehen fehlt uns vielleicht ein »deutscher King«. Jemand, der das breite Publikum an den Horror heranführt, unsere Stories massentauglich macht. Aber vielleicht ist es auch ganz gut, dass so jemand nicht existiert. Massentauglichkeit bedeutet immer auch, dass die Diversität leidet. Ich mag vor allem jene Geschichten, die nicht der Norm entsprechen und sich an Neues wagen. Ein Bestsellerautor könnte sich vermutlich nicht leisten, so etwas zu veröffentlichen.

Vincent Preis: Vielleicht noch ein Wort an die Leser dort draußen…

Fred Ink: Fhtagn! Und vielen Dank für eure Aufmerksamkeit. Falls ihr euch an eines meiner Bücher wagt, lasst mich bitte wissen, was ihr davon haltet!

 






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