J. Mertens: Zerfall
Grenzlyrik zwischen Mythos, Wahn und Grabeskälte
Wenn es dem Teufel allein nicht gelingt, uns in den Wahnsinn zu treiben, so nimmt er den Dichter in die Pflicht ...
Wenn es dem Teufel allein nicht gelingt, uns in den Wahnsinn zu treiben, so nimmt er den Dichter in die Pflicht ...
Zu diesem Schluss könnte der Leser nach Genuss dieses lyrischen Bandes
kommen. Der Horrorautor J. Mertens, ansonsten bekannt für
kompromisslose Darstellungen unübertreffbaren Grauens, liefert mit
dieser Sammlung von Gedichten und Kurzprosa eine treffsichere Ergänzung
für sein bisheriges Werk. Klassische Themen um Liebe und Tod driften
hier in Gehirnregionen ab, die noch kein Seelenkundler erforschen
konnte. Schonungslose Abrechnungen mit modernen Gegebenheiten stoßen
die gesellschaftlichen Systeme in einen Sumpf der Abscheulichkeit. Die
Psychonautik in diesem Werk führt uns in ein selbst geschaffenes
Inferno, dessen Grenzen zu der vertrauten Welt nicht mehr fassbar sind
und lässt uns entsetzt feststellen, dass der Teufel, den es zu meiden
gilt, längst tief in nicht hinterfragten Alltäglichkeiten ansässig ist.
Erlöser oder Kerkermeister? Der Leser entscheidet für sich, ob er in
den Zeilen Wahrheiten erkennt oder sich angewidert abwendet. Er wird
sich auf das Abenteuer einlassen oder empört das Buch zur Seite legen.
Der Autor scheut keinen Tabubruch und keine Provokation, und depressiv
veranlagte Zeitgenossen seien vor der Lektüre gewarnt. Und es wird die
Frage nach dem wahren Ursprung der Bösartigkeit bis zuletzt bleiben.
Klar umrissen werden lediglich die zwei größten Geheimnisse der
Menschheit: das Leben und der Tod - zwei Größen, die genug Spielraum
bieten für mancherlei Gräuel.
Lautlos fällt der Vorhang nieder
Ein gierig schwarzes Leichenhemd
Auf ewig - öffnet nimmer wieder
Dies Stück - vertraut und doch so fremd
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