Michael Blihall (Interview)

Das Interview führte Alexander Weisheit für den Vincent Preis.



Alexander Weisheit: Hallo Michael. Danke, dass du an dem kleinen Interview zum Vincent Preis 2023 teilnimmst.

Michael Blihall: Nichts zu danken, ich freue mich über die Einladung.

Alexander Weisheit: Beschreibe dich unseren Leser:innen einmal in ein paar Sätzen.



Michael Blihall: Sich selbst zu beschreiben, ist immer eine schwierige Aufgabe. Ich hoffe, die Fragen werden nicht noch schwieriger.

Gut, dann beginne ich mal mit den Eckdaten: Laut meinem Reisepass bin ich letztes Jahr 50 geworden. Mein Körper behauptet, ich sei viel älter, wohingegen mein Hirn meint, ich sei viel jünger.

Ich lebe in Wien, liebe es hier zu leben und deshalb spielen auch die meisten meiner bisherigen Geschichten in Wien.

An Wochenenden unternehme ich gerne Ausflüge mit meiner Frau. Wir probieren gerne neue Restaurants aus, gehen gerne ins Kino und ins Theater. Bevor ich mit dem Schreiben begonnen habe, habe ich selbst auch Theater gespielt und Regie geführt. Das Schreiben gefällt mir aber inzwischen besser, weil ich da daheim bleiben kann und nicht mehr so gerne bis spätabends auf der Probebühne stehe.



Alexander Weisheit: Du bist jetzt bereits das dritte Mal für den Vincent Preis in der Kategorie Heftromane nominiert. 2021 hast du mit ‚Die Belagerung‘ den zweiten Platz gewonnen. Das war dein Erstlingswerk. 2022 mit ‚Drudenfüße‘ ist es dann Platz 5 geworden. Dies war der erste Roman einer kleinen Sub-Serie mit deinem Protagonisten Andreas Brauner. Jetzt bist du mit ‚Im Stechschritt indie Hölle‘ nominiert. Dem dritten Band mit Andreas Brauner. Dazu erstmal herzlichen Glückwunsch! Drei Jahre hintereinander in der Endrunde des Vincent Preis ist schon beachtlich. Wie fühlt sich das für dich als Jung-Autor an?

Michael Blihall: Danke erstmal für die Glückwünsche und für den „Jung-Autoren“! 😊 Zum dritten Mal für den Vincent-Preis nominiert zu sein ist ein unheimlich schönes Gefühl. Es fühlt sich noch genauso aufregend an, wie beim ersten Mal. Und trotz aller Bescheidenheit muss ich schon ehrlich sagen, dass ich diesmal endlich auch den ersten Preis holen möchte. Aller guten Dinge sind drei. Aber die anderen nominierten Romane werden es mir auch diesmal wieder nicht leicht machen, schätze ich. Ich habe die anderen auch alle schon gelesen, da hätte es jeder verdient.

 


Alexander Weisheit: Worum geht es in deinem Roman?

Michael Blihall: In „Im Stechschritt indie Hölle“ führe ich die Geschichte um den schrullig-nerdigen „Geisterjäger“ Andreas Brauner fort, der mit seiner Freundin Johanna in Wien lebt. Es ist – wie du schon erwähnt hast- die dritte Episode der „Gespenster-Krimi“-Subserie. Dieser Roman ist für mich bisher der persönlichste, weil ich darin das bisher einzige (möglicherweise „übersinnliche“) Ereignis beschreibe, das ich selbst erlebt habe. Ich war damals Grundwehrdiener beim österreichischen Bundesheer und habe erleben müssen, dass ich direkt an mir eine Person vorbeigehen hörte, die ich nicht sehen konnte! Dies geschah sogar an mehreren verschiedenen Nächten und obwohl ich fest daran glaube, dass es dafür eine natürliche Erklärung gibt, kann ich es mir bis heute nicht erklären. Dies alles habe ich in einen hoffentlich spannenden Roman verpackt und meine Geisterjäger auf die Fährte geschickt. Herausgekommen ist dabei ein Roman, der auch gut als endgültiger Schluss der Sub-Serie gepasst hätte. So bald möchte ich die „Drudenfüße“ aber noch nicht in Pension schicken. Der Nachfolgeband „WienerWahnsinn“ ist ebenfalls bereits erschienen.


Alexander Weisheit: Du hast in der Corona-Zeit mit dem Schreiben begonnen. Wie hat sich deine Schreibarbeit in den Jahren verändert?

Michael Blihall: Verändert hat sich bei mir vor allem, dass ich nicht mehr „wild drauf los“ schreibe. Bei meinem ersten Roman hatte ich mir noch keine Deadline gesetzt und - ich habe es irgendwann einmal nachgerechnet – habe 204 Tage an dem Roman geschrieben! Nicht, weil er so lang geworden wäre, sondern weil ich mir eigentlich keinen Plan gemacht habe. Inzwischen schreibe ich viel disziplinierter: Mindestens zwei Stunden am Tag, mit Schreibeinheiten frühmorgens, bevor ich ins Büro fahre, da ich ja nur nebenberuflich schreibe. Inzwischen investiere ich in jeden Heftroman mindestens 60 Arbeitsstunden (inkl. Überarbeitung) und schreibe somit einen Heftroman im Monat.

 


Alexander Weisheit: So nach und nach erscheinen deine Romane auch in anderen Heftromanserien. Was hast du bis jetzt neben dem Gespenster-Krimi noch alles im Heftromansektor geschrieben?

Michael Blihall: Ich schreibe seit vorigem Jahr auch für Dr. Stefan Frank. Vor einigen Wochen ist mein erster Jerry Cotton (3479 Die Tochter des Oligarchen) erschienen und zu Beginn dieses Jahres hat mir Uwe Voehl mitgeteilt, dass ich ins Professor Zamorra-Autorenteam aufgenommen wurde. Ich werde mich also auch in den nächsten Monaten vor allem den oben genannten Serien widmen.



Alexander Weisheit: Wird es auch etwas außerhalb der Heftromane geben? Wenn ja was und wo?

Michael Blihall: Ja, wird es. Und ich kann darüber auch schon sprechen, weil es quasi schon in trockenen Tüchern ist. Im Herbst wird mein erstes Taschenbuch erscheinen. Darauf bin ich ganz stolz und ich freue mich wahrscheinlich selbst schon am meisten darauf. Es heißt „Die Brücke“ und wird im BLITZ-Verlag in der Reihe „Lovecrafts Schriften des Grauens“ erscheinen. Ich bin schon sehr gespannt darauf, wie das „Wiener Flair“ im Cthulhu-Universum aufgenommen und ankommen wird.

 


Alexander Weisheit: Du hast ja neben Grusel und Horror auch schon Krimi und Arztromane geschrieben. Wie unterscheidet sich da die Schreiberei in Sachen Recherche?

Michael Blihall: Da gibt es tatsächlich einen Unterschied. Bei den Gespenster-Krimis musste ich bisher am wenigsten recherchieren, weil ich hauptsächlich über Sachen schreibe, die ich mir einfach so einfallen lassen kann. Und die Orte die ich beschreibe, kenne ich aus der Wirklichkeit sehr gut – auch wenn sie in den Romanen anders heißen mögen.

Bei den Arztromanen ist zwar – trotz des Genrenamens – die Liebesgeschichte im Vordergrund. Das bekomme ich auch noch ohne große Recherchen hin. Dennoch sollte auch immer ein medizinisches Problem eingebaut werden. Entweder nimmt man dann was, womit man selbst Erfahrung hat. Oder man sieht sich – so wie ich für meinen ersten Dr.-Frank-Roman eine Operation nach einer Hodentorsion im Internet an.

Die Recherchen für Jerry Cotton sind weit umfangreicher, als ich am Anfang gedacht hätte. Und es ist auch leider nicht nur damit getan, dass man auf Google Maps nachschaut, wie Cottons roter Jaguar von A nach B kommt. Bei meinen bisherigen Romanen habe ich schon einiges über das amerikanische Schulsystem, über die US-Streitkräfte und übers Bombenbauen gelernt.

Alexander Weisheit: Was macht dir am meisten Spaß zu schreiben?

Michael Blihall: Das kann ich so gar nicht beantworten. Ich liebe die Abwechslung. Ich merke auch, dass ich manchmal - nachdem in einem meiner blutrünstigen Romane viele Figuren das Leben lassen mussten – gerne wieder einen Arztroman schreiben möchte, in dem dann auch gekuschelt werden darf.

Alexander Weisheit: Was ist ein großer Traum von dir mal zu schreiben?

Michael Blihall: Ich habe vorhin in mein letztes Interview reingeguckt und mir ist aufgefallen, dass sich ein Traum zumindest schon erfüllt hat: nämlich einen Jerry Cotton zu schreiben. Das ist mir schon gelungen und darauf bin ich wirklich stolz. Auch John Sinclair stand damals auf meiner „Bucket-List“, da spüre ich aber im Moment nicht mehr so den großen Wunsch. Ich bin ein großer Fan der Serie und lese sie immer noch gerne. Vielleicht bewahre ich mir lieber das „Fan-sein“ noch länger und genieße sie weiterhin als solcher.
Und mit meinem ersten Buch im Herbst kann ich auch schon das nächste Häkchen neben meine Wunschliste setzen. Was aber nicht heißen soll, dass ich nicht noch mehrere Bücher schreiben möchte!

Aber es gibt tatsächlich noch einen Traum: Ich würde gerne mal ein Drehbuch für den „Tatort“ schreiben.

Alexander Weisheit: Was bedeutet der Vincent Preis für dich in Verbindung mit deinen Leser:innen?

Michael Blihall: Da ich von meinen Leserinnen und Lesern nominiert worden bin, bedeutet er mir sehr viel. Wahrscheinlich ist das auch der Grund, warum ich dieses Jahr so richtig heiß auf den Preis bin. Ich habe irgendwie das Gefühl, etwas zurückzugeben, wenn ich nicht den ewigen zweiten oder fünften Platz belege, weil es wahrscheinlich sogar Leserinnen und Leser gibt, die sich über einen ersten Platz für mich freuen würden. Mir ist die Reaktion meiner Leserschaft sehr wichtig. Ich schaue auch immer nach, was über meine Romane geschrieben wird und freue mich über die Anregungen und den Lob, den ich bekomme. Ich schreibe ja eigentlich nur die Geschichten, die ich selbst gerne lesen möchte. Und dann freut es mich um so mehr, wenn ich Leserinnen und Leser finde, die meinen Geschmack teilen.

Alexander Weisheit: Wo findest du in deiner Freizeit den Ausgleich zum Schreiben und Lesen?

Michael Blihall: Ich brauche gar nicht so sehr den Ausgleich zum Schreiben. Für mich ist das Freizeit. Aber wenn du so willst, dann  finde ich den Ausgleich beim Lesen. Ich lese ja jetzt natürlich auch – zusätzlich zu Sinclair – alle Romane meiner Kolleginnen und Kollegen bei den Serien Jerry Cotton und Professor Zamorra. Aber das fühlt sich zum Glück gar nicht nach Arbeit an. Auch das „Eintauchen“ in die Geschichten von H. P. Lovecraft (für „Die Brücke“) hat mir großen Spaß gemacht, obwohl es eigentlich der Recherche diente.

Aber zum Glück verkrieche ich mich nicht nur daheim. Ich unternehme gerne Ausflüge mit meiner Frau, treffe Familie und Freunde gerne beim Essen. Ich bin an allem interessiert, was irgendwie mit Kunst zu tun hat. Auch wenn ich nicht immer alles verstehe. So findet man uns auch mal im Museum oder bei Konzerten. Sportlichen Ausgleich hole ich mir eigentlich nur als relativ passiver Zuschauer von Eishockeyspielen meiner Lieblingsmannschaft Vienna Capitals.

Alexander Weisheit: Woran arbeitest du gerade? Auf was können wir uns schon bald von dir freuen?

Michael Blihall: Ich habe gerade meinen dritten Jerry Cotton Roman begonnen. Danach werde ich Professor Zamorra wieder auf Dämonenjagd schicken und für den nächsten Andreas-Brauner-Gespenster-Krimi bereite ich auch schon etwas vor. Mal abwarten, wie das Buch im Herbst ankommt. Wenn es gefällt, dann hätte ich da bereits auch schon wieder eine Idee im Hinterkopf.

Außerdem werde ich demnächst im ältesten Kino der Welt, den Breitenseer Lichtspielen in Wien, meine erste Lesung haben. Anlässlich zum 70. Geburtstag von Jerry Cotton, wird der Film „Der Tod im roten Jaguar“ gezeigt. Ich werde aus meinen bisherigen Cotton-Romanen vorlesen und mit Hintergrundinfos zu den Filmen durch den Abend führen.

Wenn das Format beim Publikum ankommt, präsentiere ich vielleicht zukünftig dort klassische Horrorfilme.

Alexander Weisheit: Was hast du den Leser:innen noch zu sagen?

Michael Blihall: Das sind immer die Momente, wo man etwas besonders schlaues von sich geben möchte. Aber spontan fällt mir eigentlich nichts anderes ein als: seid lieb zueinander und nutzt eure Zeit mit den Menschen, die euch wichtig sind. In den letzten Jahren habe ich leider mehrmals erleben müssen, wie wenig Zeit einem dafür bleibt.

Alexander Weisheit: Vielen Dank für deine Zeit und viel Erfolg in deiner schriftstellerischen Zukunft.

Michael Blihall: Vielen lieben Dank.

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