Oliver Müller im Interview
Michael Schmidt: Lieber Oliver,
herzlichen Glückwunsch zur Nominierung zum Vincent Preis 2018!
Oliver Müller: Vielen Dank. Als
ich meinen Namen auf der Longlist gesehen habe, habe ich mich schon riesig
gefreut. Jetzt in der Endrunde zu stehen fühlt sich fantastisch an.
Michael Schmidt: Ich weiß nicht
ob dich die Vincent Preis Gemeinde kennt. Stell dich doch mal vor!
Oliver Müller: Ich bin 36 Jahre
alt, lebe und schreibe so ziemlich am Rande des Ruhrgebiets, genauer gesagt in
Marl, wo ich auch geboren bin. Genau dort ist Anfang der 90er-Jahre des
letztens Jahrhunderts meine Leidenschaft für Grusel und Horror geweckt worden,
was aber weniger mit der Stadt, sondern mit meiner älteren Schwester zu tun
hat, von der ich mir den ersten John Sinclair-Roman, sagen wir, ausleihen
konnte. Ich erinnere mich noch genau daran, dass es Nr. 329 „Der Ghoul, dermeinen Tod bestellte“ war. Das Cover ziert heute eine Wand in meinem Büro, weil
es mir immer noch so super gefällt.
Meine Schwester war es auch, die
mich mit ihren Gruselhörspielen in Angst und Schrecken versetzte und aus ihrem
Zimmer flüchten ließ. Vielleicht verarbeite ich mit meinen Geschichten ja heute
noch das Trauma, dass „Die Jenseitskutsche von Diablos“ (Larry Brent), der so
grausig atmende Vukujev aus „Im Zeichen des Bösen“ (Dämonenkiller) oder die
sprechende Spinne aus H.G. Francis‘ Gruselserie bei mir ausgelöst hat.
Michael Schmidt: Du schreibst für
Sinclair und Zamorra. Wie kam es und geschieht das unter deinem Namen?
Oliver Müller: Um das zu
beantworten muss ich ein wenig ausholen. Vor mehr als 10 Jahren machte ich
meine ersten Heftromanerfahrungen als Autor in einer Online-Serie namens „Der
Hüter“. Die Serie brachte es immerhin auf 14 Romane, einen Sonderband und den
Start eines Spin-Offs. Unverständlicherweise ist sie dennoch dem Vergessen
anheimgefallen. Wichtiger als die Serie jedoch waren die Autoren, die daran
mit schrieben. Unter anderem Stefan Albertsen und Oliver Fröhlich, die ja heute
beide zum Autorenteam bei John Sinclair gehören. Mit Oliver Fröhlich durfte ich
als Co-Autor ja dann mein Debüt bei John Sinclair geben.
Zu Professor Zamorra hat mich ein
anderer Weg geführt. Durch Christian Montillon (Perry Rhodan-Autor und
Expokrat), dem ich schreibtechnisch viel verdanke, bekam ich Kontakt zu ManfredH. Rückert, der mit 17 Jahren Zugehörigkeit im Autorenteam heute so etwas wie
das Gedächtnis der Serie ist.
Bevor ich allerdings als Co-Autor
mit ihm einen Zamorra-Roman schrieb, habe ich mehrere Jahre an Serien
mitgeschrieben, die Manfred lektoriert hat. Zum einen ist das „Vampir Gothic“
(Verlag Romantruhe), zum anderen Rex Corda (Verlag Heinz Mohlberg).
Um den zweiten Teil deiner Frage
auch noch zu beantworten, ja, alle meine Romane erscheinen unter meinem echten
Namen. Als ich als Jugendlicher mit dem Schreiben anfing, wollte ich eigentlich
immer ein cooles Pseudonym. Etwas in der Richtung Mortimer Gravestone oder so
ähnlich, aber davon habe ich mich schnell verabschiedet. Der Stolz, meinen
Namen auf einem Roman zu lesen, war einfach zu groß. Außerdem ist man als
Müller in Deutschland so anonym wie es ein Pseudonym kaum bleiben könnte. ☺
Michael Schmidt: Was macht der
Reiz dieser beiden Serien aus, die ja schon seit über vierzig Jahren auf dem
Markt sind.
Oliver Müller: Du sprichst es ja
schon an, die Langlebigkeit von John Sinclair und Professor Zamorra ist
wirklich einzigartig. Der Kosmos an Figuren und Geschichten, der sich da in den
mehr als vierzig Jahren entwickelt hat, ist unglaublich. Als Leser hat mich das
schon fasziniert und als noch relativ frischer Autor verneige ich mich mit
allergrößten Respekt vor dem, was Jason Dark bei John Sinclair und vor allem
W.K. Giesa bei Professor Zamorra aufgebaut hat.
Beide Serien haben Ähnlichkeiten,
aber auch große Unterschiede, wenn man genauer hinsieht. Wenn das nicht so
wäre, würde vielleicht auch eine der Serien heute nicht mehr laufen. Bei John
Sinclair ist es eher so, dass das Grauen in den Alltag der Menschen kommt, oft
unvermittelt. Da kann man mitfühlen und mitfiebern.
Bei Professor Zamorra ist es die
große Bandbreite und der geniale Mix aus Horror und Science-Fiction, die mich
faszinieren. Von den tiefsten Tiefen der Hölle bis in die entlegensten Winkel
des Multiversums, durch alle Zeiten und fremde Welten erlebt das Zamorra-Team
seine Abenteuer. Das ist schon einmalig.
Michael Schmidt: Du bist mit the axeman’s jazz für den Vincent Preis 2018 nominiert. Worum geht es in der Geschichte?
Oliver Müller: Meine Geschichte
basiert auf den Taten eines Serienmörders, der zwischen 1911 und 1919 in New
Orleans sein Unwesen trieb und eine blutige Spur hinterließ. Danach verschwand
er, die Verbrechen wurden bis heute nicht aufgeklärt. Man weiß nicht viel über
den axeman, doch wenn man einem Bekennerschreiben glauben soll, dass im März
1919 abgedruckt wurde, war er ein Jazz-Fan. Viel mehr möchte ich gar nicht
verraten, aber auf diesen Fakt habe ich meine Geschichte abzielen lassen und
eine Erklärung für die Rückkehr des axeman aufgebaut, die den Lesern
hoffentlich gefällt und ihnen einen Schauer über den Rücken laufen lässt.
Michael Schmidt: Wie findest du
Dark Killers und warum würdest du die Anthologie einem Leser empfehlen?
Oliver Müller: Dark Killers ist
eine tolle Anthologie. Das besondere an den Geschichten ist, dass sie alle
einen wahren Kern haben. Die Fantasie eines Autors kann unheimlich sein. Aber
zu wissen, dass all die Storys auf echten Geschehnissen beruhen, macht es noch
spannender und auch angsteinflößender.
Dabei wird mit den Geschichten
ein Bogen von gut 3000 Jahren Verbrechensgeschichte geschlagen, so dass für
jeden etwas dabei ist, egal ob er Fan von Horror, historischen Geschichten oder
Krimis ist. Außerdem macht Anke Brandt als Lektorin einen super Job und auch
das Titelbild ist wieder ein Hingucker geworden.
Michael Schmidt: Hast du noch
mehr Kurzgeschichten geschrieben und wo sind die erschienen?
Oliver Müller: In den letzten
Jahren habe ich einige Kurzgeschichten geschrieben, denn ich mag das Genre
sehr. Durch die Arbeit als Serienautor komme ich nicht mehr so oft dazu, aber
wenn ich die passende Idee im Kopf habe, dann muss sie auch raus.
Neben Dark Killers war ich den
letzten Jahren auch in den anderen Geisterspiegel-Anthologien Dark Islands,
Dark Creature und Dark Place vertreten. Ich mag die Reihe wirklich sehr und
freue mich immer, wenn meine Geschichten dort angenommen werden.
Erwähnenswert ist noch meine
Geschichte in der Anthologie „Navi des Grauens“ (Verlag Pia Bächtold), die bei
der Ausschreibung damals den ersten Platz belegte. Das ich nicht nur Horror
kann, habe ich mit einer Krimikurzgeschichte in „Alles anders“
(Schweitzerhaus-Verlag) und mit einem Beitrag zu „Noch mehr Schoten – Neue
Geschichten aus’m Pott“ (Schreiblust-Verlag) gezeigt, in welcher ich mal das
Gefühl meiner Heimat, dem Ruhrpott, wiedergeben durfte.
Es gibt noch eine ganze Reihe von
Horrorkurzgeschichten, sie alle aufzuzählen würde den Rahmen sprengen, aber
eine möchte ich doch noch kurz erwähnen, weil sie mir sehr am Herzen liegt.
Beim Verlag der Schatten erschienen ist die Anthologie „Mysteriöse Friedhöfe
und Grabstätten“. Meine Geschichte handelt von einem alten Totengräber, der
eine ganz besondere Gabe hat und dadurch etwas schreckliches erfährt.
Michael Schmidt: Ein letztes Wort
an die Vincent Preis Gemeinde!
Oliver Müller: Ich möchte mich
bei allen bedanken, die mir ihre Stimme gegeben haben oder noch werden und
versichere denen, die es nicht tun werden, dass ich nicht böse bin. ☺ Wir
sind alles Horror-Fans und damit eine große Gruselfamilie.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen