Interview mit Björn Ian Craig
Stell dir einen schlichten,
schwarzen Raum vor, zwei sich gegenüberstehende blutrote Kanapees, einen
schlichten, weiß lackierten Tisch, eine weiße Vase mit einer schwarzen Dahlie.
Im Hintergrund hören wir Javiere Navarrete:
VV: Moin Björn, schön, dass du
den langen Weg aus der Schweiz zu uns gefunden hast. Was möchtest du trinken?
B.I.C.: Jetzt kommt es natürlich drauf an,
wann unser Treffen stattfindet ;-) Von morgen früh bis Mittag wär’s ziemlich
sicher ein großer Kaffee; am späteren Nachmittag darf es gern ein kühles Bier
sein und wenn wir uns spät abends zum Interview treffen dann könntest du mir
auch gern einen Gin-Tonic ausgeben! ;-)
VV: Du bist mit deinem Cover für
das Horrormagazin Zwielicht 12 in der Endrunde für den Vincent Preis!
Herzlichen Glückwunsch! Was bedeutet dir das?
B.I.C.: Ganz ehrlich? Ich freu mich riesig.
Man bekommt sonst ja nur spärlich Feedback auf das, was man kreiert. Klar,
findet ein Austausch mit den Herausgebern statt. Michael und Achim sagen mir
schon, was ihnen gefällt und was nicht; und man selbst kriegt auch ein Gefühl,
ob das, was man macht, funktioniert oder eher nicht. Aber wenn man dann für den
Vincent Preis nominiert ist, dann freut mich das umso mehr. Schließlich
bedeutet dies ja auch, dass mein Cover ein paar mehr Menschen gefallen haben
muss, als nur dem inneren Kreis.
VV: Ich finde deine Arbeit mal
wieder genial! Wie bist du auf das Motiv „Treppenhaus“ gekommen?
B.I.C.: Danke für die Blumen. Seit ich für
Zwielicht arbeite versuche ich immer das Phantastische im Alltäglichen zu
finden. Also stelle ich immer alltägliche Situationen dar – nur halt immer
monströs überhöht oder dämonisch überspitzt. Seien das übergroße Motten, die
vom Leuchtturm angezogen werden oder ein Schattenwurf, der so gar nicht seinem
Verursacher entspricht. Beim aktuellen Cover ließ ich mich von einem Treppenhaus-Foto
inspirieren, bei deren erster Betrachtung meine Phantasie mir die Zähne in den
Geländeelementen bereits vorgegaukelt hatte und ich erst bei einer zweiten,
genaueren Betrachtung sah, dass diese gar nicht vorhanden waren. So war die
geboren…
VV: Seit der dritten Ausgabe der
Zwielicht bist du vor das Artwork verantwortlich und ich finde, du hast dem
Magazin dadurch eine ganz eigene Note verpasst, die den Inhalt gut wiedergibt.
Immer Grusel, immer etwas Beklemmung, mit viel Liebe zum Detail. Wie ist deine
Herangehensweise und wie kam es zu der Zusammenarbeit?
B.I.C.: Als Michael gerade die dritte Ausgabe von Zwielicht
vorbereitete kam er auf mich zu und fragte, ob ich nicht Lust hätte für sein
Magazin die Cover zu entwerfen. Er kannte meine Arbeiten, da sie auch schon für
den Vincent Preis nominiert wurden sind und ich ihn in dieser Kategorie auch
bereits einmal gewinnen konnte. Auch für das Motiv der zweiten Vincent
Preis-Urkunde hatte er mich schon angefragt. Und für Zwielicht 3 hatte ich auch
bereits eine Skizze in Petto, die für meinen Geschmack perfekt zur Buchreihe zu
passen schien (Motten mit Leuchtturm). Von diesem Moment an arbeite ich regelmäßig
für die Reihe und habe auch schon ein paar schriftliche Beiträge und eine
kleinere Übersetzung beigesteuert, da mir die Mischung aus Geschichten und
Hintergrundberichten sehr ansprechen.
VV: Du zeichnest per Hand vor,
ehe es an den Rechner geht, richtig? Warum?
B.I.C.: Gewisse Coverillustrationen beginnen
mit einer Handskizze aber es ist nicht so, dass sie am Ende immer komplett
handgezeichnet sind. Ich arbeite auch viel mit Texturen und eigenen oder
lizenzfreien Fotografien. Was mir aber wichtig ist, ist die Idee. Die Bildidee
steht bei mir IMMER an erster Stelle. Ohne sie setze ich mich gar nicht erst an
den Schreibtisch oder an den Rechner; sie muss vorher schon existieren. Und
diese Bildidee entsteht immer zuerst im Kopf, meistens dann, wenn ich gar nicht
an das Projekt denke. Das kann während der Arbeit passieren, auf dem
Nachhauseweg, während dem Einkauf etc. Plötzlich springt mich im wahrsten Sinne
des Wortes so eine Idee an und beißt sich in meinen Hirnwindungen fest. Wenn
sie was taugt, skizziere ich sie schnell auf bevor sie vergessen geht.
VV: Hast du schon einmal
überlegt, zu schreiben? Weil dann zum Bild eine Geschichte kam?
B.I.C.: Hab
ich mal… in meiner Jugendzeit. Es existiert sogar ein ganzes Notizbuch voll mit
Storyansätzen und -ideen aus dieser Zeit. Aber wirklich ausformuliert hab ich
nur etwa eine Handvoll; und mehr wie zehn Seiten pro Geschichte hab ich auch
nicht zusammenbekommen. Ich denke, meine Stärke liegt eindeutig im Visuellen
und nicht im Textlichen. Obwohl es mich immer mal wieder überkommt, einen
sekundärliterarischen Text zu verfassen, kombiniert mit einer ausgiebigen
Recherche. So geschehen für Zwielicht 3, wo ich mich mit dem Schriftsteller
Karl Edward Wagner auseinander gesetzt habe oder dann vier Ausgaben später, wo
ich dem Phantastik-Interessierten die wunderbare englische Schriftstellerin
Sheila Hodgson und ihre Geistergeschichten in M.R. James Manier versucht habe
näherzubringen.
VV: Liefert dir eher immer der Alltag die Bilder, die Ideen dazu oder sind es
die Inhalte, die du vorher liest?
B.I.C.: Bei Zwielicht sind es meist Situationen
aus dem Alltag, die mir die Bildideen liefern. Für andere Arbeiten – etwa
Kurzgeschichtenbände oder Anthologien beispielsweise von Markus. K. Korb
(Phantasma Goriana) oder Malte S. Sembten (Dhormenghruul) – waren tatsächlich
die Stories das Entscheidende, um das Cover zu kreieren. Bei diesen zwei
Autoren hat auch immer ein äußerst reger Austausch stattgefunden, wo wir Ideen
hin und her jongliert und so das Cover gewissermaßen zusammen entwickelt haben.
VV: Gibt es Bilder, die dich
geprägt haben? Ich frage immer aus der Haltung eines Autors, da gibt es nämlich
auch oft immer Bücher, die einen bewegt haben.
B.I.C.: Es gibt es eine Vielzahl an Kunstwerken, die mir
gefallen. Ob sie mich auch geprägt haben, ist wohl schwierig zu sagen. Aber
einen bleibenden Eindruck haben sie sehr wohl bei mir hinterlassen. H.R. Gigers
Oevre hat mich schon als Jugendlicher stark beindruckt, aber auch klassische
Künstler wie Edvard Munch, Max Ernst oder Hans Bellmer gefallen mir sehr. Und
es gäbe so viele weitere zu nennen… Arnold Böcklin beispielsweise, dessen
Toteninsel bei uns im Basler Kunstmuseum ausgestellt ist.
VV: Kannst du von deiner Kunst leben?
B.I.C.: Leider nicht. Die Buchcover, die ich kreiere, sehe ich
als Ausgleich und auch als Ergänzung zu meiner Arbeit als Werbegrafiker, da ich
hier vieles ausprobieren kann, was mir im Alltag verwehrt ist. Ich mache
hierbei auch nur wenige Zugeständnisse und Kompromisse.
VV: Ich habe gelesen, dass du
auch Giger-Museum warst. Ich fand das Museum auch einfach nur den Hammer. War
Aliens dein Erstkontakt zum Horror, zur Sci-Fi? Oder wie fing das bei dir an?
B.I.C.: Ja, das ist allerdings auch schon ein paar Jahre her.
Aber ich kann nur sagen: es ist der Wahnsinn – im wahrsten Sinne des Wortes.
Das Giger Museum in Gruyères ist wahrlich eine Reise wert. Das Faible zum
Unheimlichen hatte ich schon von klein auf und die ersten Horrorfilme, mit
denen in Kontakt gekommen bin waren zunächst die Klassiker des Genres, wie
„Psycho“, „Der Weiße Hai“, „Poltergeist“. Dann kamen die Stephen King
Verfilmungen „Es“ und „Brennen muss Salem“. Und dann stellte ein Privatsender in
einer Horrorreihe die Werke John Carpenters vor. Egal ob „Halloween“, „Das
Ding“ oder „Fürsten der Dunkelheit“… seine Filme finde ich bis heute genial und
kann sie mir immer wieder anschauen.
VV: Warum dann Horror? Was macht
da für dich die Faszination aus?
B.I.C.: Keine
Ahnung. Es ist aber wohl das Gefühl des Sich- Gruselns, das es für mich
ausgemacht hat und nach wie vor ausmacht. Dabei bin ich auch eher der Anhänger
des klassischen Grusels – huschende Schatten, merkwürdige Geräusche und natürlich
eine Geschichte, die einen packt… Von Blutfontänen und reinem Splatter halte ich mich fern. Das ist nicht mein Ding.
VV: Im Horror geht es ja immer irgendwie um das Böse … in welcher Gestalt auch
immer? Was ist das Böse für dich? Was lässt dich gruseln?
B.I.C.: Das Böse für mich ist das, was man
nicht sieht, nur erahnen kann. Etwas nicht Greifbares, was der Verstand nicht
zu fassen vermag, löst Ohnmacht und Furcht aus.
VV: Hattest du übersinnliche
Erfahrungen gesammelt in deinem Leben?
B.I.C.: Bis jetzt leider nicht… wobei halt,
… doch,… sofern man das so nennen kann: In meiner Jugend ist mir ab und an ein
Gefühl des Deja-Vus überkommen: Momente, in denen ich das Gefühl hatte genau
diesen Augenblick schon mal erlebt zu haben. Aber damit hat es sich leider auch
schon mit meinen übersinnlichen Erfahrungen.
VV: Was sind deine Zukunftspläne?
B.I.C.: Ich würde gerne weiter unheimliche
Visionen kreieren können und Büchern zu einer unnachahmlichen Erscheinung
verhelfen. Leider ist das nicht immer so einfach. Der zeitliche Rahmen muss
passen … schließlich mach ich diese Dinge in meiner spärlichen Freizeit.
Aber nicht nur. Gerade auf diesem Gebiet ist es wichtig, dass mir der Auftrag
auch Spaß macht.
VV: Björn, vielen Dank, dass du hier warst. Und ich wünsche Dir viel Erfolg bei
der Abstimmung zum Vincent Preis!
B.I.C.: Dankeschön. Hat Spaß gemacht, mit
dir zu plaudern. Bin egal, wie die Abstimmung auch ausgehen wird, schon mega
stolz darauf, überhaupt nominiert worden zu sein.
Und hier kommen die 11 ...
Bullets (Wie aus der Pistole geschossen …)
VV: Horror oder SciFi?
B.I.C.: Beides. Nur Fantasy schneidet bei
mir schlecht ab.
VV: Ein Buch, das du gerne illustriert hättest?
B.I.C.: Michael Siefeners SCHÄCHTE.
VV: Worüber kannst du dich aufregen?
B.I.C.: Über mangelnde Kommunikation
VV: Wein oder Bier?
B.I.C.: Beides. Der Rahmen dafür ist entscheidend. Aber wenn ich
mich tatsächlich für eines entscheiden müsste, dann: Bier.
VV: Vampir oder Werwolf?
B.I.C.: Vampir. Mit Werwölfen kann ich nur
sehr wenig anfangen.
VV: Du kannst dir ein Horrorsetting zum Probeleben mit Überlebensgarantie
aussuchen. Welches wäre das?
B.I.C.: Eine Nacht alleine in einem heimgesuchten
Schloss verbringen.
VV: Lieblingsessen?
B.I.C.: Ein guter Cheese-Burger mit Bacon.
VV: Poe oder Lovecraft?
B.I.C.: Mhhh… schwierig. Aber ich denke, da
muss ich Lovecraft den Zuschlag geben.
VV: Warum?
B.I.C.: Lovecraft begleitet mich einfach schon länger.
VV: Film
oder Comic?
B.I.C.: Film
VV: Ich will unbedingt einmal …?
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