Thomas Williams (Interview)

 


Michael Schmidt: Hallo Thomas, stell dich doch mal vor!

Thomas Williams: Hallo. Mein Name ist Thomas Williams. Ich schreibe Horrorgeschichten und bin inzwischen in über 40 Anthologien veröffentlicht worden. Zum Schreiben kam ich als Kind. Eigentlich habe ich damals nur Comics gelesen und wollte selber welche zeichnen, aber weil mir dafür jedes Talent fehlt, begann ich zu schreiben. Da ich schon immer Monster mochte und viele Filme mit ihnen gesehen habe, zog es mich irgendwann zum Horror. So stieß ich schon früh auf die Romanheftserie „John Sinclair“ von Jason Dark. Mir gefielen die Titelbilder und dass die Geschichten eher kurz waren. Die Serie begleitet mich auch heute noch. Ebenso wie Comics und Horrorfilme. Man könnte sagen, dass ich meiner Linie treu geblieben bin. Mich selber bezeichne ich nicht umsonst als den freundlichen Splatterpunk aus der Nachbarschaft, denn mit meinen eigenen Geschichten lege ich es gar nicht so sehr darauf an, die Leser und Leserinnen zu gruseln oder zu ekeln. Ich möchte unterhalten und das mit absurden Ideen und schwarzem Humor. Hier und da versteckt sich eine sozialkritische Botschaft zwischen den Zeilen, doch in erster Linie möchte ich, dass die Leute einfach mal abschalten und den oftmals stressigen Alltag für eine Weile vergessen können, wenn sie meine Geschichten lesen.


Zu meinen Veröffentlichungen zählen neben vielen Kurzgeschichten die Novelle „Fressen oder gefressen werden“ aus der Zombie Zone Germany vom Amrûn Verlag und das Hörspiel „The Other und dieErben des Untergangs“, das ich für die Horrorpunkband The Other geschrieben habe, zu meinen Veröffentlichungen. Für die hundertste Ausgabe des Virus Magazins und die Cosplayer Gruppe „FrightGuys“ habe ich das Comic „Party Crasher“ geschrieben, das von Detlef Klewer gezeichnet wurde.


Michael Schmidt: Dein John Sinclair Roman 2218 Im Bann der Hexe wurde für den Vincent Preis 2020/21 nominiert. Herzlichen Glückwunsch!

Thomas Williams: Vielen Dank. Das freut mich wirklich. Der Vincent Preis ist meiner Meinung nach sehr, sehr wichtig für die deutsche Literaturszene, da viele Auszeichnungen äußerst stiefmütterlich mit Horror und dunkler Phantastik umgehen. Eine Szene, für die ich brenne. Mit dieser Geschichte unter den Finalisten zu sein, bedeutet mir wirklich etwas.


Michael Schmidt: Ich kenne dich als Kurzgeschichtenautor. Wie kam es zur Mitarbeit bei John Sinclair?

Thomas Williams: Das war reiner Zufall. Ein Bekannter schickte mir einen Link für einen Wettbewerb, bei dem es darum ging, Fangeschichten zu John Sinclair zu schreiben. Ich hatte überhaupt nichts davon mitbekommen, aber die Chance konnte ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Ich bin seit dreißig Jahren Fan der Serie und sie hat mich wahnsinnig beeinflusst, als ich anfing, Horror zu schreiben. Ohne viele Erwartungen habe ich eine Geschichte namens „Feuertanz“ eingereicht, die tatsächlich als Hommage an John Sinclair geplant war und vorher in meinem Notizbuch schlummerte. Es sollte um eine Figur gehen, die an John angelehnt war, ohne die Serie zu kopieren. Wie gesagt hatte ich keine Erwartungen, aber sie hat den ersten Platz gemacht und ich wurde zur John Sinclair Night in Köln eingeladen, wo Dietmar Wunder, der John in den Hörspielen spricht und Jason Dark, der Erfinder der John Sinclair Serie, anwesend waren. Dietmar Wunder hat einen Teil meiner Geschichte vor Publikum vorgelesen und Jason Dark sagte, ich hätte ihn mit meiner Geschichte überrascht. Das wäre Sinclair, wie er sein muss. Und wenn ich Lust hätte, sollte ich doch John Sinclair Romane schreiben. Das war ein unglaublicher Moment. Ein Ritterschlag, sozusagen.  

Michael Schmidt: Worum geht es in Im Bann der Hexe?

Thomas Williams: Inzwischen gibt es über 2000 Hefte der Serie John Sinclair. Ich wollte nichts verändern, aber gerne etwas hinzufügen. John hat sehr viele Verbündete, die immer mal wieder auftreten. Sie sind rund um den Globus verteilt und mit allen verbindet er eine Freundschaft. Ich fragte mich, ob es nicht auch Geisterjäger geben könnte, die mit Methoden vorgehen, die er nicht gutheißt. So etwas kenne ich aus Comicheften, wo es neben all den Superhelden auch Antihelden gibt, die sich zwar auch einer gewissen Beliebtheit bei den Lesern erfreuen, aber eben von den anderen, sauberen Helden oft geächtet werden. In meiner Geschichte geht es deswegen um eine Hexe, die von einer Gruppe von Menschen gejagt wurde, die das Gesetz selber in die Hand genommen haben. Die Hexe wurde für tot gehalten, kehrt aber zurück, um Rache zu nehmen. Der Titel „Im Bann der Hexe“ bezieht sich darauf, dass sie Menschen mit ihrer Stimme gefügig machen kann.   

Michael Schmidt: Hast du noch mehr John Sinclair geschrieben bzw. in Planung?

Thomas Williams: Ich würde sehr gerne wieder für John Sinclair schreiben, aber da gibt es ein festes Autorenteam und die Planungen sind sehr weit fortgeschritten, weswegen gerade kein Platz für einen Gastroman ist. Das schließt jedoch nicht aus, dass ich wieder mal eine Chance kriege und wenn es soweit ist, bin ich bereit.

Michael Schmidt: Ist das die einzige Heftserie für die du schreibst?

Thomas Williams: Da möchte ich an dieser Stelle noch nicht zu viel verraten, aber es ist etwas für eine andere Serie in Arbeit. Eigentlich sollte die Geschichte längst fertig sein, aber 2021 hatte ich eine sehr lange Schreibblockade, weswegen sich alles etwas verschoben hat. Nun fehlt nur noch das Finale und ich bin guter Dinge, die Geschichte bald einreichen zu können. Vor 2023 ist jedoch nicht mit ihr zu rechnen, befürchte ich.

Michael Schmidt: Wie oben schon erwähnt, schreibst du ja auch Kurzgeschichten. Welche deiner Geschichten sind dir die liebsten und wo kann man sie lesen?



Thomas Williams: Die Frage ist böse, denn da kann ich mich unmöglich entscheiden. Eine ist tatsächlich die Geschichte „Clown-Syndrom“, die 2016 beim Vincent Preis mit dem zweiten Platzausgezeichnet wurde. Dass ich sie so mag, liegt aber nicht an dem Preis, sondern weil ich die Idee heute noch sehr gut finde. Sie wurde von Detlef Klewer in der Anthologie „Böse Clowns“ veröffentlicht und handelt von einem Virus, der Menschen in Clowns verwandelt, wenn sie über Witze lachen. Die Clowns können nicht anders, als ununterbrochen Witze zu erzählen und wer über sie lacht, ist infiziert. Auch mag ich „Frankenstein Squad“ in „13 Warzones ofCthulhu“ von Ralf Kor sehr gerne oder „Dr. Faulzahn“ in „Bad Toys 2“ vom Redrum Verlag. Das sind Geschichten, die wirklich typisch ich sind. Horror mit absurden Ideen, Humor, etwas Blutvergießen und am besten mit Hard Rock und Metal als Beschallung zu genießen.


Michael Schmidt: Wie würdest du die deutschsprachige Horrorszene beschreiben?

Thomas Williams: Viele sind überrascht, wenn ich ihnen sage, dass es deutsche Horrorautoren und -autorinnen gibt, aber ich bin sehr stolz ein Teil von ihr zu sein. Die Szene ist sehr viel größer als einige glauben. Und genauso abwechslungsreich wie jede andere auch. Wir haben großartige Talente hierzulande, denen ich ein größeres Publikum wünschen würde. In den letzten Jahren habe ich viele Künstler und Künstlerinnen aus verschiedenen Medien kennengelernt. Dadurch ergaben sich hin und wieder Zusammenarbeiten wie das Hörspiel oder das Comic. Und das ist etwas, was ich an dieser Szene echt liebe. Dieser Zusammenhalt, das Netzwerken, die gegenseitige Unterstützung.


Michael Schmidt: Woran arbeitest du im Moment?

Thomas Williams: Im Moment überarbeite ich eine Novelle für den Amrûn Verlag, die tatsächlich nur wenig mit Horror zu tun hat und eher als bizarrer Dystopiethriller beschrieben werden könnte. Dann ist da noch der oben erwähnte Heftroman, der wieder eine Horrorgeschichte ist. Nebenbei sind ein paar Kurzgeschichten für dieses Jahr geplant, aber ich möchte mich mehr den größeren Projekten widmen. Kurzgeschichten sind toll und ich mag es kurz und knackig, aber ein paar Bücher mit dem eigenen Namen auf dem Einband würden sich allmählich ganz gut in meiner Bibliografie und meinem Autorenregal machen.  

Michael Schmidt: Bist du hauptberuflich Autor?

Thomas Williams: Nein, ich habe noch einen Brotjob und bin da auch sehr froh drüber. Zum einen, weil Horror meine Leidenschaft ist und ich nicht vorhabe, mit dem Schreiben in diesem Genre aufzuhören. Aber mit Horror verdienst du in Deutschland so gut wie kein Geld. Es sei denn, du heißt Stephen King oder bist ähnlich bekannt. Überhaupt haben es englischsprachige Autoren und Autorinnen leichter auf dem deutschen Buchmarkt. Da muss man ja nur einen Blick in das ohnehin schon winzige Horrorregal im Buchladen werfen. Als ich zuletzt auf der Leipziger Buchmesse gewesen bin, wollte ich in eine andere Halle. Draußen standen Menschen in einer langen Schlange, dass ich zuerst glaubte, die andere Halle wäre überfüllt, aber tatsächlich standen die alle für ein Autogramm von Sebastian Fitzek an. Da dachte ich, dass ich niemals dorthin will, wo er ist, denn dann müsste ich wohl einen Bestseller nach dem anderen schreiben. Und die grauen Haare kommen schließlich früh genug.  



Michael Schmidt: Wie siehst du generell die Chancen als Autor auf dem Markt Fuß zu fassen?

Thomas Williams: Einerseits sage ich immer: „Wenn ich das kann, kann das jeder.“ Aber davon zu leben ist schwierig, bis unmöglich. Doch wer schreibt ist Autor und als so jemand in Erscheinung zu treten, ist dank Kleinverlagen und Selfpublishing nicht mehr so schwer. Jedoch weiß keiner, was wie erfolgreich wird. Wir wissen alle, dass viele bekannte Leute vor ihrem Durchbruch mehrmals Absagen erhalten haben. Manchmal ist es vermutlich das richtige Manuskript zum richtigen Zeitpunkt.

Michael Schmidt: Noch ein Wort an die Meute dort draußen!

Thomas Williams: Vielen herzlichen Dank an alle, die meine Geschichte unter die Finalisten gewählt haben. Mein John Sinclair Roman ist ein Traum, auf den ich dreißig Jahre lang gewartet haben und dass er nun auch noch mit dem Vincent Preis ausgezeichnet werden soll, ist eine echte Ehre. Der Roman mag bei einem großen Verlag erschienen sein, aber ohne viele Veröffentlichungen bei Kleinverlagen hätte mich vorher niemand als Autor gekannt und ich nie von dem Wettbewerb erfahren. Deswegen unterstützt bitte die kleinen Verlagshäuser, die den Buchmarkt so vielseitig und bunt machen.

 

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