Interview mit L.C. Frey


Vincent Preis: Lieber Lutz, zuerst einmal danke für deine Bereitschaft, dieses kleine Interview mit uns zu machen. Du machst keinen Hehl daraus, dass es sich bei dem Autorennamen Lutz C. Frey, oder inzwichen L.C. Frey um ein Pseudonym handelt. Auch auf deinem Autorenfoto verbirgst du dich absichtlich im Halbschatten. Würdest du uns trotzdem etwas über dich erzählen?

Lutz C. Frey: Hi Elmar, klar doch, gern.
Stimmt, ich glaube, ich würde meine Mutter heutzutage schon seltsam anschauen, wenn sie mich tatsächlich Lutz genannt hätte. Ich meine, wir wissen doch alle, was in Amityville passiert ist, oder? Spaß beiseite, ich habe natürlich auch noch einen anderen Job unter meinem bürgerlichen Namen und offen gestanden macht mich diese Mischung derzeit ziemlich glücklich. Wenn ich nicht schreibe, dreht sich mein Leben hauptsächlich um Musik, aber es war ein weiter Weg bis dahin. Man kann also sagen, ich bin kontinuierliches Arbeiten im Kreativsektor gewöhnt. Das heißt für mich unter anderem die Fähigkeit, mit Kritik umgehen zu können. Also sie nicht einfach zu ignorieren, sondern als gutgemeinter Ratschlag zu sehen, und als ständiger Ansporn, besser zu werden. Den Fans und Lesern das Beste zu liefern, was man zu liefern im Stande ist.
Vor all dem habe ich übrigens ein paar Jahre in einem regulären Bürojob gejobbt, was auch eine Erfahrung war. Aber keine, die ich wirklich empfehlen kann. Mich hat es jedenfalls nicht wirklich erfüllt, also habe ich dort irgendwann gekündigt und mich spannenderen Dingen zugewandt.
Ein bisschen kommt diese spezielle Büroatmosphäre vielleicht in "Psycho Girl" rüber, wobei ich dir versichern kann, dass wir nie ein Mädchen namens Nora als Sekretärin hatten.
Ich habe außerdem ein wenig Background als Texter, aber Horror-Romane schreibe ich tatsächlich erst seit 2013. Und nein, ich habe keins dieser dämlichen Schreibseminare à la »Schreib' einen Bestseller in nur 10 Tagen!« besucht, so etwas halte ich für Quatsch. Da lese ich lieber meine Helden und lerne das Handwerk auf diese Weise. Macht mehr Spaß.
Das einzige How-To Buch, das ich je gelesen habe, ist Stephen Kings grandioses »Das Leben und das Schreiben«, da steht meines Erachtens nach alles Wesentliche drin, das man zum Thema wissen muss. Ist mir übrigens beim Lesen mal in die Wanne gefallen, da war ich froh, es nicht auf dem Kindle gelesen zu haben.

VP: Deine erste Veröffentlichung über Amazon war die „Makaber-erotische Kurzgeschichte“ PSYCHO GIRL STORY für den Kindle, gefolgt von bisher zwei Horrorromanen um den Ermittler Jake Sloburn und einem eigenständigen Roman. Warum bist du ausgerechnet beim Horror gelandet?

LCF: Vermutlich reizt mich einfach das Übernatürliche. Und die Spekulation, wie interessante Charaktere wohl damit umgehen würden, wenn es sie plötzlich mit voller Breitseite erwischt. In solchen Situationen zeigt sich, aus welchem Holz du geschnitzt bist! Und Horror bietet eine Menge Möglichkeiten, Menschen mit Extremsituationen zu konfrontieren. Ich habe mal gesagt, dass der Plot das Kreuz ist, auf das ich meine Helden nagle. Und ich habe noch eine Menge Nägel parat.
Das und die Iron Maiden-Cover der 80-er und 90-er sind wohl meine Hauptinspiration. Davon abgesehen bin ich einfach ein etwas zu groß geratenes Kind, mich fasziniert so ein Kram einfach. Ich gucke mir auch immer noch gern die »Goonies« und solche Sachen an, oder die »Ghostbusters«. Richtig hartes Zeug, also. Das prägt!

VP: Wie einige Kollegen vor dir wurdest auch du in manchen Buchvorstellungen bereits mit Stephen King verglichen. Hast du literarische Vorbilder?

LCF: So ein Unfug! Der Mann hat ein literarisches Vermächtnis von 60 Jahren, dagegen bin ich nun wirklich ein winziges Licht. Aber insgeheim freuen mich die Vergleiche natürlich trotzdem ein bisschen, wem würde das nicht so gehen? King ist einer der Godfathers of ... was immer es ist, was ich da in meinen Büchern den Lesern zumute. Natürlich habe ich jede Menge Vorbilder und welche das im Horrorbereich sind, wird kaum jemanden überraschen. Ich lese aber nicht nur Horror, das wäre doch langweilig, sondern eigentlich alles, was mir in die Finger gerät. Und außerdem bin ich ein riesiger Comicfan, und damit meine ich nicht diesen Spidy oder Mickey Mouse-Kram. Sondern Sandman, The Invisibles, Enigma, Y, The Books of Magic und solche eher schrägen Sachen, die haben mich schon immer sehr geprägt.

VP: Kannst du uns etwas über die Figur Jake Sloburn, den „seltsamen Detektiv des Übersinnlichen“ erzählen und was ihn in seinen bisherigen Fällen erwartet?

LCF: ... und damit bleiben wir beim Stichwort "Schräg". Jakes äußere Erscheinung ist die eines "auffällig unauffälligen" Menschen, so irgendwie im mittleren Alter mit etwas lichter werdendem Haupthaar. Kein Typ, nach dem sich irgendwer auf der Straße umdrehen würde. Das ist aber auch schon alles, was er mit gewöhnlichen Menschen gemein hat. Zum Beispiel trägt er immer lange Klamotten, weil sein ganzer Körper von seltsamen Zeichen bedeckt ist, manchmal erscheint er Menschen im Traum, verteilt seltsame Artefakte und hat ein paar Asse im Ärmel, die weit über gewöhnliche Zaubertricks hinausgehen.
Und er raucht Unmengen Gras, aber nicht zum reinen Vergnügen!
Er ist ein etwas undurchsichtiger Typ und obwohl er inzwischen eine recht klare Vorstellung von seinen jeweiligen Missionszielen zu haben scheint, fehlt ihm selbst offenbar ein gewaltiges Stück seiner Erinnerung.
Und während er sozusagen gezwungenermaßen auf diesen Selbstfindungstrip geht, muss er versuchen, die Menschen vor ein paar ziemlich garstigen Dingen zu bewahren, die das kleine Küstenstädtchen heimsuchen, in das es ihn verschlagen hat. Gangster, Sukkubi, durchgeknallte Okkultisten, Dämonen, Teenager mit übersinnlichen Fähigkeiten und ein verschmuster Beagle sind nur ein paar der Dinge, mit denen er fertig werden muss.

VP: In NEST bleibt Jake Sloburn noch recht vage. Wohin entwickelt er sich? Eher HANDYMAN JACK oder eher JOHN CONSTANTINE? Sind weitere Fälle geplant?

LCF: Als Jake das erste Mal in meinem Kopf auftauchte, war er noch ein wenig wie Constantine, so der Typ Hardboiled-Detektiv mit einem Draht zum Paranormalen, hauptsächlich beeinflusst von den Comics von Will Eisner und solchen Sachen. Aber dann fiel mir auf, dass es den Charakter nicht korrekt beschrieb. Also schlief ich noch ein paar Nächte drüber und wusste irgendwann, aus welcher Ecke der Wind wehte. Eines Tages merkte ich, dass ich ihn im Grunde bereits in einer anderen Geschichte beschrieben hatte, die eher im Fantasybereich spielt. Die Handlung dort machte es notwendig, dass ein Typ von dieser Dimension in unserer Welt gelangt, und das tat er dann, als Jake Sloburn, und die Sache begann, einen Sinn zu ergeben. Die Fantasygeschichte liegt übrigens noch in der Schublade, weil ich momentan an anderen Projekten arbeite, aber irgendwann wird sie mich vielleicht wieder anspringen und mich zwingen, sie zu Ende zu schreiben.

Den Namen Sloburn habe ich übrigens rotzfrech bei einer meiner Lieblingsbands, SLO BURN, geklaut.

Und ja, es sind definitiv weitere Fälle geplant.

VP: Warum gleich eine Serienfigur?

LCF: Ich fand den Gedanken spannend, dass der Leser gemeinsam mit dem Helden entdeckt, wer oder was zur Hölle Jake Sloburn eigentlich ist, und was ihn in unsere Breiten verschlagen hat. Ich fand das eine interessante Grundlage für eine komplexere Story. Der Grund von Jakes Hiersein ist kein sehr erfreulicher und Jake wird alle seine Asse brauchen, bevor es zu Ende ist. Es geht um die Wurst, sozusagen. Für uns alle.

VP: Mit DRAAKK: ETWAS IST ERWACHT hast du auch einen eigenständigen Roman verfasst. Um was geht es da?

LCF: DRAAKK dreht sich um einen Wissenschaftler, der mit einer mächtigen Organisation aneinander gerät, als diese versucht, ihm die Schuld für ein schiefgegangenes Experiment in die Schuhe zu schieben. Allerdings ist das Experiment selbst ein ziemlich ungewöhnliches, und das, was sie da untersuchen ... naja, ich würde wohl eher einen Bogen drum machen, einen Bogen von mindestens 100 Kilometern oder mehr, wenn ich sie wäre. Aber wie Wissenschaftler eben so sind, haben sie natürlich die Finger nicht davon lassen können und sie sich folgerichtig mächtig verbrannt. Und damit geht der Ärger erst richtig los ...

VP: Bleibst du dem Horror/Thriller treu oder würdest du dich gerne einmal in einem anderen Genre versuchen?

LCF: Ehrlichgesagt habe ich manchmal Probleme, meine Geschichten in Schubladen einzuordnen, denn letztlich spielt da immer auch die subjektive Erwartung eine große Rolle. Zum Beispiel gibt es Leute, für die ist es kein Horror, wenn nicht von jeder Seite literweise Blut tropft, und darum geht es mir nun wirklich nicht. Ich bin kein Gore-Fanatiker oder schreibe brutale Szenen des reinen Brutalseins wegen. Ich möchte vor allem spannende Geschichten aus einer interessanten, und manchmal etwas schrägen Welt erzählen. Ja, ich glaube, darum geht es mir. Neuigkeiten aus der Twilight Zone, so etwas in der Art. Wenn du das jetzt Horror nennen möchtest, bitte sehr!
Klar, oft kommt Übernatürliches in meinen Geschichten  vor, aber nicht immer. Letztlich geht es mir im Wesentlichen um die Story, die sich zwischen den Menschen abspielt, viel mehr Mysteriöses braucht es da oft gar nicht. Für mich ist jede meiner Geschichten ein Kapitel in dem großen Buch, das ich selbst gern lesen würde, und das ist nun mal nicht auf ein Genre festgelegt.

VP: Mit NEST hast du gleich einen kleinen Horror-Bestseller auf Amazon gelandet und stehst damit in einer Reihe mit erfolgreichen Selbstverlegern wie Tim Svart, Fred Ink oder Sean Beckz, auf die die Horrorgemeinde sehr positiv reagiert hat. Was sind deine Erfahrungen als Independentverleger?

LCF: Haha, schön wär's. Ich glaube, von einem Bestseller spricht man ab 100.000 verkauften Einheiten, oder? Und das habe ich mit »Nest« noch nicht geschafft. Trotzdem Danke für die Blumen!
Aber ja, in unserer kleinen Horrorgemeinde kennen meinen Namen inzwischen schon ein paar Leute, glaube ich, und das ist etwas, worauf ich nach noch nicht mal einem Jahr als L.C. Frey schon ein bisschen stolz bin. Meine Erfahrungen mit dem Selfpublishing, Kollegen, Bloggern und vor allem den Lesern sind durchweg positive, ich wurde überall sehr freundlich aufgenommen und mit Rat und Tat unterstützt, ich habe im letzten Jahr EINE MENGE gelernt und lerne fleißig weiter.
Der ganze Themenkreis »Bücherschreiben bis Verlegen« ist etwas, wo ich momentan einfach mit ganz viel Spielspaß herumprobiere. Mir macht das einfach Laune.

VP: Auffällig professionell ist außerdem die Covergestaltung deiner Bücher. Machst du die selbst?

LCF: Danke, ich geb's gern weiter! Die Cover machen die Jungs vom Ideekarree (www.ideekarree.de), die sich auch um ein paar andere Sachen wie das Marketing und die Abwicklung auf Amazon kümmern, damit ich mehr Zeit zum Schreiben und Kaffeetrinken habe.

VP: Gibt es abschließend noch etwas, das du den (Horror)Lesern sagen möchtest?

LCF: Nur, dass sie einen tollen Geschmack haben! Euer Support ist einfach Klasse, und da glaube ich für alle meine Kollegen sprechen zu dürfen! Und denjenigen unter ihnen, die hin und wieder sogar eins meiner Bücher in der Hand oder auf dem Kindle haben, sage ich an dieser Stelle ein ganz herzliches, dickes, fettes Dankeschön!

VP: Herzlichen Dank für das Interview.

LCF: Danke zurück, Elmar und alles Gute für dich und den VINCENT PREIS (grandioser Titel übrigens)! 


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