Interview mit Chris Schlicht

Vincent Preis: Hallo Chrissie, stelle dich doch den Vincent Preis Lesern einmal kurz vor. Welche Person steckt hinter dem Namen Chris Schlicht.

Chris Schlicht: Eine gelernte Gärtnerin im Garten- und Landschaftsbau und studierte Landespflegerin (Dipl.-Ing. FH), die einen festen Broterwerb in der Stadtplanung hat, verheiratet ist und zwei Kinder der Baujahre 1997 und 2000 hat. Das ist wohl das Elementare.
Baujahr 1968, inzwischen etwas kleiner, als es im Pass steht. Mit einem halben Pfund Stahl im Kreuz versehen, das verhindert, dass ich ohne Aufmerksamkeit zu erregen in ein Flughafenterminal gelangen kann. Mal wieder ständig wechselnde Haarfarben, weil meine Töchter die grauen Haare schrecklich finden – soviel zu Äußerlichen.
Der Rest ist subjektiv... ein jeder sieht den anderen aus einem anderen Blickwinkel, die Charakterbeschreibungen werden daher stark auseinander gehen. Kreativchaot ist vielleicht die beste Zusammenfassung.

Vincent Preis: Du hast die Titelgrafik zu „Metamorphosen“ aus dem Verlag Torsten Low erstellt. Die wurde  für den Vincent Preis als „Beste Grafik“ nominiert. Gleichzeitig wurdest du auch als „Beste Grafikerin“ nominiert. Dein Kommentar?

Chris Schlicht: Sprachlos... Ich hopse immer noch vor Freude wie ein Gummiball durch die Gegend *grinst*. Bei der Konkurrenz finde ich das einfach nur... geil.



Vincent Preis: Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit dem Verlag Torsten Low und den Herausgebern?

Chris Schlicht: Die Chtulhu-Anthologie war ein Projekt der Geschichtenweber, bei denen ich nun auch schon eine ganze Weile im Forum mitmische. Da ich ja nun schon seit einiger Zeit für das Rollenspiel um Lovecrafts Mythos mitarbeite, hat es sich so ergeben, dass ich lose mit eingespannt wurde, quasi „beratend“ ... naja, es gibt sicher einen Haufen Leute, die sehr viel mehr Ahnung von Lovecrafts Schriften haben als ich, aber es hat mir trotzdem Spaß gemacht. Der Verlag kam ja erst ins Spiel, als die ganze Antho schon stand, inklusive Cover.


Vincent Preis: Nach welchen Kriterien wurde das „Metamorphosen“-Bild erstellt? Hattest du freie Hand?

Chris Schlicht: Völlig. Und ich war so dreist, das Cover auf meine eigene Story zu beziehen.
Als ich das Cover gemacht hatte, war ja noch kein Verlag in Sicht, ich habe also mehr oder minder ins Blaue rein gearbeitet. Das Bild war auch ursprünglich blau, nicht rot. Die Farbumstellung war dann der Wunsch der Herausgeber und inzwischen finde ich auch, dass es so gut passt. Besser noch, seit der Rahmen drum ist. Das Rote ist einfach knalliger und sticht mehr ins Auge. Als dann der Verlag feststand, musste ich nur das Format geringfügig ändern.


Vincent Preis: Ich persönlich kenne dich vor allem durch die Serie „Saramee“ und deren Bilder. Du kommst aber so weit ich weiß aus der Rollenspielszene, LodLand und Cthulhu. Erzähl doch mal ein wenig von deiner Arbeit als Künstlerin.

Chris Schlicht: Falsch, ganz ursprünglich habe ich Comics gemacht! ;-) Der Comicmacherstammtisch Frankfurt ist meine Basis gewesen (und wird es hoffentlich wieder, wenn ich es endlich schaffe, mal wieder dazu zu stoßen). Auf der Comic-Action in Essen wurde ich dann gefragt, ob ich nicht Lust hätte, auch mal ein Rollenspiel zu illustrieren – so kam ich zu Lodland und dem Envoyer. Und über einen cthuloiden Comic in der Windgeflüster zu Cthulhu, von Cthulhu über den Fantasyguide zu Sono und dann zu Saramee und Phase X. So was ergibt sich halt manchmal... und ich kann bei interessanten Projekten nicht nein sagen. Die Vokabel muss ich mir aber echt mal in den Wortschatz zufügen.


Vincent Preis: Welchen Stellenwert nimmt das Genre Horror bei dir ein?

Chris Schlicht: Einen eher Geringfügigen, wenn man bei Horror nur an Sachen mit viel Gemetzel denkt. Dem kann ich nämlich überhaupt nichts abgewinnen.
Wenn man es weiter fasst und das ganze als „Unheimliche Phantastik“ umschreibt, dann einen Großen.
Ich mag bluttriefenden, knochenbrechenden Splatter überhaupt nicht. Aber tiefgründigen Grusel, der einem auch ohne demonstratives Gemetzel die Nackenhaare aufstellt, das ist genau mein Ding. Das ist wie mit dem Lovecraft-Mythos und der Arbeitsweise der Illustratoren für das Cthulhu-RPG. Uns ist es nämlich strengstens verboten, die Monster zu zeichnen *grinst* - das kann nämlich total lächerlich wirken. Da fragt sich der Spieler dann zu Recht, warum er beim Anblick eben dieses Wesens dann noch Punkte in geistiger Stabilität verlieren soll.
Wenn der Wahnsinn oder das Grauen, dass von den Schrecken verursacht wird, richtig gut beschrieben wird, finde ich das deutlich aufregender, als wenn ich endlose Beschreibungen lesen muss, wie jemand in Scheibchen geschnitten wird.



Vincent Preis: Zu „Metamorphosen“ steuerst du nicht nur das Bild, sondern auch eine Kurzgeschichte bei. Worum geht es da und wie gefällt dir das Buch?

Chris Schlicht: In „Symbiose“ geht es um einen Rechtsmediziner, der die einmalige Chance bekommt, für ein Museum eine Skytische Mumie zu obduzieren. Dabei setzt er etwas frei, das man in dem Toten gebannt zu haben glaubte. Dieses Wesen sucht sich einen neuen „Wirtskörper“ – den Pathologen – und verändert ihn. Nicht nur körperlich.
Das Buch ist wirklich grandios geworden. Inhaltlich wie optisch. Die ganze Aufmachung macht richtig was her, die Druckqualität ist super. Torsten (Low) gibt sich mit dem, was er macht unendlich viel Mühe und man muss ihm dafür wirklich Bewunderung zollen. Er steht hundertprozentig hinter dem, was er anfasst und herausgibt und das ist natürlich auch Auftrieb für diejenigen, die sonst noch so an dem Projekt mitarbeiten.


Vincent Preis: Zurück zum grafischen Aspekt. Wie gehst du bei Bildern vor? Wie ist deine Arbeitsweise? Gönne uns doch mal einen Blick in deine Kreativwerkstatt.

Chris Schlicht: Meine Werke sind am Anfang immer mit immenser Papierverschwendung verbunden. Da wird so lange auf Transparentpapier oder mit Hilfe des Lichttisches auf Normalpapier rumgekritzelt, bis nur noch ich aus den tausend Linien die Form heraus sehen kann, die nachher das fertige Bild ergibt. Bildkomposition, Proportionen und Perspektiven werden so lange hin und her geschoben und neu skizziert, bis es passt. Dann werden diese Vorzeichnungen per Lichttisch auf ein gutes Papier übertragen und fertig ausgearbeitet. Je nach dem, wofür es gedacht ist mit Bleistift, Kohle, Pastell, Aquarell, Polychromos, Copic-Markern oder auch in Öl auf Leinwand. Am Computer erfolgt (in letzter Zeit) eigentlich nur noch die digitale Aufbereitung. Aber allgelegentlich wird schon noch mal aus einer Bleistiftzeichnung ein buntes Bild, indem das alte Grafikboard meines Rechners gequält wird. 



Vincent Preis: Du hast oft Ausstellungen auf Cons. Was bedeutet dir der direkte Kontakt zu den Phantastikinteressierten?

Chris Schlicht: In erster Linie habe ich viel Spaß mit den Leuten. Das sind neben ziemlich speziellen Charakteren auch einfach ganz normale Menschen mit gemeinsamen Interessen, egal was andere behaupten mögen. Man versteht sich gut miteinander und ich komme dabei immer auch auf neue Ideen. Alte Gesichter wieder zu sehen, neue Leute kennen lernen, Leute die man sonst nur übers Internet kennt persönlich zu treffen – wo geht das besser als auf solchen Cons? Macht einfach Laune.



Vincent Preis: Woran arbeitest du im Moment gerade?

Chris Schlicht: Die Großen Alten haben mal wieder meine Dienste in Anspruch genommen. Anfang des Jahres habe ich die Arbeit an der Ausgestaltung des Kampagnenbandes „Berge des Wahnsinns“ abgeschlossen, die im Herbst erscheinen wird. Dann ist auch gerade der Abenteuerband „Sturm auf Innsmouth“ fertig geworden, in dem einige Karten von mir enthalten sind. Jetzt bin ich an den Karten für den Quellenband über Wien dran und ganz nebenbei auch noch an den Hausplänen für ein neues „Gamemasters Survival Pack“ aus der Redaktion Phantastik. Dieses Mal sind es Grundrisse für alle Rollenspiele in Viktorianischer Zeit. Sherlock Holmes lässt grüßen.


Vincent Preis: Und erzähl uns doch kurz, was wir in der Zukunft von Chris Schlicht zu erwarten haben?

Chris Schlicht: Ich selbst erwarte wenig. So direkt muss man es einfach ausdrücken. Natürlich hoffe ich umso mehr, dass ich auch in Zukunft weiter und mehr produktiv sein werde, aber ich mag nichts mehr versprechen. Wer mich besser kennt, der weiß, dass ich wegen massiver Gelenk- und Rückenprobleme in der letzten Zeit häufig ausgefallen bin. Ich muss kürzer treten, um mir nicht noch mehr Probleme einzuhandeln, auch wenn es schwer fällt. Demnächst muss ich auch noch einen Arzt an meine Augen ranlassen und davor habe ich den größten Horror, aber wat mutt dat mutt.
Ich werde die Zeichenstifte nicht an den Nagel hängen. Wenn sich ein interessantes Projekt auftut, werde ich vermutlich wieder eine Blockade im Wortschatz haben, wenn es um das Nein geht. Aber eben immer unter den Vorzeichen, dass ich gesundheitlich in der Lage bin, es durchzuziehen.

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