Interview mit Thomas Backus
Thomas Backus: Ja und Nein. Meine
Zombiebegeisterung wurde ja von George Romeros »Night Of The
Living Dead« entfacht, und dieser Film stammt aus dem Jahr 1968
– ist also ein kleines bisschen älter als ich selbst (und er ist
sehr stark beeinflusst von »The Last Man On Earth« von
1964).
Aber, und darauf lege ich sehr viel
Wert, ich versuche das Thema sehr aktuell zu behandeln. In meinem
Buch setze ich mich mit den Problemen unserer Gesellschaft
auseinander: Der Unmenschlichkeit der Fleischindustrie, den Hartz
Gesetzen und ihren Auswirkungen, der Bürokratie, dem Abschieben
unserer untoten Verwandten in Totenheimen, und der allgegenwärtigen
Terrorgefahr … die meisten meiner Geschichten spielen bei uns in
Deutschland. Das hat aber auch zur Folge, dass man nicht so leicht an
Schusswaffen herankommt. Im Grunde genommen frage ich mich: Was wäre
wenn du vor die Tür trittst, und du wirst mit Zombies konfrontiert.
Welche Möglichkeiten bleiben dir dann noch? Außer rennen…
Vincent Preis: Wer zum Teufel ist
eigentlich Thomas Backus?
Thomas Backus: Der nette Kerl von
Nebenan. Gelernter Metzger, Horror-Fan und Horror-Autor … Ich habe
mich schon als Kind für das Übernatürliche begeistert. Mit Märchen
hat es angefangen. Hexen, Wölfe und Drachen auf der einen Seite,
strahlende Ritter auf der anderen.
Dann habe ich lange Heftromane gelesen,
bis Stephen King mich vollends auf die Dunkle Seite gezogen hat. Ich
liebe Horror, und ich schreibe genau die Geschichten, die ich gerne
lesen möchte!
Meine ersten Veröffentlichungen waren
»John Sinclair Lesergeschichten der Woche«.
Vor ein paar Jahren habe ich dann mit drei Freunden die »Apokalyptischen Schreiber« gegründet, eine Autorengruppe die aus dem »Marburger Verein für Phantastik e.V.« hervorging. Entsprechend unserer reitenden Vorbilder benannten wir uns in Krieg, Pestilenz, Tod und, in meinem Fall, Hunger. Wir nähten uns Kutten und gestalteten Lesungen. Was wir immer noch tun.
Vincent Preis: Der eigentliche Anlass
für das Interview. Da gibt es so ein Buch namens »Die
Klabauterkatze«, das wurde für den Vincent Preis nominiert als
»Beste Anthologie«. Erzähl mal, worum geht es in dem Buch!
Thomas Backus (links) und Torsten Low (rechts) |
Thomas Backus: Ich hatte
mich schon gewundert. Mein aktuelles Buch »Zombies! Sie werden Dich fressen! « Ist ja leider nicht nominiert worden für den Vincent
Preis. Aber »Die Klabauterkatze« ist ein Projekt, das mir ebenfalls
sehr am Herzen liegt. Ich liebe nämlich Monster. Und es gibt keine
größeren Monster als Lovecrafts Große Alten!
Die Anthologie ist ein Projekt der
Geschichtenweber, mit denen ich schon öfters erfolgreich
zusammenarbeitete. Den ersten Band »Metamorphosen« gab noch Nina
Horvath zusammen mit Sabrina Hubmann und Manuel Bianchi herausgegeben
hat. Ich war dort nur mit einer Geschichte vertreten.
Da das Buch sehr gut bei den Lesern
ankam, regte ich eine Fortsetzung an – und wurde nicht nur mit ins
Boot geholt, sondern auch zum Projektleiter ernannt. Eine große
Herausforderung, die jedoch auch viel Spaß machte.
Das Besondere: Die Cthulhu-Anthologien
des Verlags Torsten Low wandeln nicht nur auf H. P. Lovecrafts
Spuren, sie behandeln auch immer ein bestimmtes Thema. Der
Arbeitstitel war Sie finden das Grauen. Was mich nämlich bei
Lovecrafts Protagonisten immer faszinierte: Sie sind allesamt
Suchende, die mehr finden, als sie wollten. Wer an verbotenes Wissen
gelangen möchte, muss dafür immer einen hohen Preis zahlen!
Unsere Autoren hat das Thema jedenfalls
über alle Maßen inspiriert. Wir bekamen wahnsinnig tolle
Geschichten zugesandt, und die besten finden sich jetzt in dem Buch.
Außerdem ist es Torsten Low gelungen,
Arndt Ellmer mit ins Boot zu holen. Torsten ist Fan der Heftserie
Dämonen-Land, und Arndts Trilogie um die Großen Alten hat
ihn sehr begeistert. Mich übrigens auch. Und die Titelgeschichte
»Die Klabauterkatze« ist ein Meisterwerk!
Thomas mit Nina Norvath und den beiden Cthulu-Anthologien |
Vincent Preis: Nenne mal deine drei
Lieblingsgeschichten aus »Die Klabauterkatze«!
Thomas Backus: Kann ich nicht. All
Killer, No Filler!
Vincent Preis: Drei Herausgeber. Wie
habt ihr euch die Arbeit aufgeteilt?
Thomas Backus: Wir, die Herausgeber,
und Torsten haben uns die Geschichte alle anonym durchgelesen und
bewertet. Als Projektleiter habe ich die Bewertungen dann in einer
Excel-Tabelle ausgewertet. Nur die Geschichten, die uns alle
begeistert haben, fanden den Weg ins Buch.
Anschließend haben wir die Geschichten
alle zweifach lektoriert, wobei es mit wichtig war, nur die groben
Schnitzer auszumerzen, aber alles drin zu lassen, was den Stil des
Autors ausmachte.
Der Verlag hat dann noch einmal ein
professionelles Lektorat durchgeführt.
Vincent Preis: Wie war die
Zusammenarbeit mit dem Verlag?
Thomas Backus: Klasse. Torsten Low ist
sehr engagiert, aber trotzdem sehr professionell. Das Buch ist super
geworden, sowohl vom Inhalt, als auch von der Aufmachung. Und Chris
Schlichts Titelbild ist auch klasse!
Von mir aus können wir den nächsten
Band gleich angehen, aber Torsten sagt, dass er arbeitstechnisch
dieses Jahr ausgelastet ist. Und auch daran erkennt man die
Professionalität. Er will sich halt voll und ganz auf seine Projekte
konzentrieren und nicht verzetteln. Aber, und das ist so gut wie
sicher, die Reihe wird fortgeführt werden. Jetzt haben wir noch ein
bisschen mehr Zeit, ein tolles Thema zu finden!
Vincent Preis: Du bist ja sehr
umtriebig, ein Teil der »Apokalyptischen Schreiber«. Was bedeutet
dir der Kontakt zu den Lesern auf den Cons und inwieweit bist du
selbst noch Leser?
Thomas Backus: Ich bin selbst Fan, und
der Kontakt zu anderen Fans ist mir sehr wichtig. Ich besuche zwar
nicht sehr viele Cons (eine Frage des Geldes), aber Marburg Con und
Buchmesse Con sind mir zu lieben Pflichtterminen geworden. Cons sind
wie Familientreffen. Man trifft Jahr für Jahr Gleichgesinnte aus
ganz Deutschland (und mit Nina darüber hinaus). Das ist echt klasse.
Seit einiger Zeit kommen Lesungen dazu,
meist als Apokalyptischer Schreiber, also in Kutte.
Es ist schön, mit Kollegen
zusammenzuarbeiten, auch wenn ich mittlerweile genug Material habe,
eine Stunde allein zu füllen. Die Abwechslung macht‘s. Wir haben
alle einen unterschiedlichen Schreib- und Erzählstil. So ist also
für alle Zuhörer was dabei.
Das Lesen selbst macht sehr viel Spaß.
Ich lebe meine Geschichten richtig aus, und ich berausche mich an den
Reaktionen der Zuhörer. Das ist unbeschreiblich. Und ich sollte echt
mehr Lesungen machen!
Vincent Preis: Was ist denn deine
bevorzugte Literatur?
Thomas Backus: Ich lese natürlich
immer wieder Lovecraft. Die Festa-Übersetzungen sind spitze. Aber
auch gerne die Helden meiner Jugend: Stephen King, Clive Barker und
Dean Koontz.
Vereinzelt lese ich auch Fantasy
(Conan) oder SF (Robert A. Heinlein), aber mein Herz schlägt für
den Horror. Ich liebe es, wenn das Übernatürliche in unsere Welt
hereinbricht, und dass sich Menschen wie du und ich bewähren müssen.
In der Literatur geht es immer um Gefühle, im der Horror-Literatur
geht es um extreme Gefühle. Liebe, Hass und Angst.
Vincent Preis: Als Mitorganisator des
Marburg Cons. Was hältst du von der Szene? Wie würdest du sie in
ein paar Sätzen charakterisieren?
Thomas Backus: Die Szene ist sehr
klein. Leider. In einer Welt, in der man nur den PC anschalten muss,
um sich über das Internet mit Gleichgesinnten auszutauschen, sind
die alten Strukturen etwas überholt. Glücklicherweise gibt es immer
noch Menschen, denen das nicht genügt.
Der Fokus liegt heute ja nicht mehr auf
Fanzines. Die sind durch Bücher von Kleinverlagen abgelöst worden.
Was mir gefällt. Die Cons bieten nun Kleinverlagen und Autoren eine
Möglichkeit, sich zu präsentieren. Lesungen sind dabei sehr
wichtig. Ich liebe es, wenn ein Autor seinen Text vorträgt. Ich
kaufe mir das Buch dann gerne vor Ort und lasse es mir signieren –
und wenn ich es dann zu Hause lese, habe ich immer noch das
Erzähltempo und den Erzählstil des Autors im Kopf. Das ist
wahnsinnig intensiv!
Leider besuche ich nie so viele
Lesungen, wie ich es mir im Vorfeld vorgenommen habe. Es ist nämlich
genauso spannend, sich mit anderen Conbesuchern zu unterhalten und
über gemeinsame Interessen zu plaudern.
Vincent Preis: Wir kennen jetzt die
Klabauterkatze und dein Zombiebuch. Was gibt es sonst noch aus der
Feder von Thomas Backus?
Thomas Backus: Ein Meilenstein war
sicherlich die gemeinsame Anthologie der Apokalyptischen Schreiber.
»In Blut geschrieben«. Eine überarbeitete Neuauflage ist in
Arbeit.
Ansonsten gibt es von mir hauptsächlich
einzelne Kurzgeschichten in verschiedenen Anthologien. Zu viele, sie
hier alle aufzuführen. Eine Bibliographie findet man auf meinem Blog
Vincent Preis: Und was können wir in
Zukunft noch erwarten?
Thomas Backus: Im Moment schreibe ich
an einem Zombie-Roman. Keine direkte Fortsetzung zu dem ersten Buch,
aber ein paar nette Anspielungen habe ich mir nicht verkneifen
können.
Der Arbeitstitel lautet: »Zombies!
Eine Reportage des Grauens!«
Ein Reporter von einem kleinen
Lokalblatt entdeckt Ungereimtheiten bei einem Pharmaunternehmen. Da
er in seinem Kaff praktisch jeden kennt, erfährt er so einiges, was
nicht für seine Augen bestimmt ist. Er bekommt aber zugleich auch
die Macht der Behörden zu spüren, die die Vorfälle vertuschen
möchten!
Thomas Backus: Meine Bücher sind böse,
aber ich bin ein ganz lieber. Vielleicht ein bisschen zu lieb…
Vincent Preis: Wünsche dir noch viel
Erfolg!
Thomas Backus: Danke schön! Der
Vincent Preis würde sich bestimmt gut neben meinem Marburg Award
machen!
Kommentare
Kommentar veröffentlichen