Interview mit dem Team des Marburg-Con

Fotos: www.Geisterspiegel.de

Michael Schmidt: Lieber Marburg-Con. Stellt euch doch mal vor. Wer sind all die fleißigen Bienen die jedes Jahr diesen tollen Event ins Leben rufen?

Thomas Vaterrodt (TV): Ansprechpersonen im Vorfeld und Planer sind im Wesentlichen Thomas Will und Thomas Vaterrodt, also deine Interviewpartner. Am Hauptveranstaltungstag des Con, dem Samstag, sind die wichtigsten Personen aber Michaela Misof und Simone Will, die die Versorgung der Gäste sicherstellen ;-) Froh sind wir auch über die tatkräftige Unterstützung von Martin Dembowsky, Volker Ilse und Iris Lauer. 

Thomas Will (TW): Nicht zu vergessen Anke und Wolfgang Brandt vom „Geisterspiegel“, die immer mal wieder nach ihren Möglichkeiten aus- und mithelfen, auch wenn sie gerne mehr tun würden, als sie können. Früher war die „Personaldecke“ etwas dicker (wenn auch nicht viel), aber da konnte man schon mal was von den Arbeiten in der Vorplanung abgeben. Allerdings war dann plötzlich außer dem Herrn Vaterrodt und mir niemand mehr da, der das mit übernehmen konnte, und so hat es sich eingependelt, dass wir mittlerweile zu zweit die Vorplanung komplett machen müssen, solange niemand nachkommt, der dauerhaft mithelfen würde. Ich sage das jetzt nicht, um uns dadurch in den Vordergrund zu spielen. Vielmehr möchte ich einerseits allen Interessenten am Marburg-Con nahe legen, sich sinnvollerweise bezüglich aller Anliegen zunächst einmal an einen von uns beiden zu wenden. Außerdem erhoffe ich mir dadurch etwas Nachsicht wegen unserer „lahmen Informationspolitik“ und dass oft Anfragen erst verspätet beantwortet werden können. Das liegt meist einfach an Überlastung, da es ja für uns beide noch ein Leben neben der Phantastik gibt.
 
Thomas Will (2.v.r.) mit Anke Brandt, Tobias Bachmann, Markus K. Korb, Volker Ilse, Tom Daut

Michael Schmidt: Ihr seid für den Sonderpreis des Vincent Preis 2013 nominiert. Herzlichen Glückwunsch!

TV:  Das kam überraschend! Wir fühlen uns geehrt und danken allen, die für uns gestimmt haben.


TW: Oh ja, das kam seeehr überraschend. Mein erster Gedanke war „Verdammt, wer hat denn das vorgeschlagen?“ Die Kategorie Sonderpreis war ja noch nicht von Anfang an dabei und den Vincent Preis als solches gibt’s ja nun auch noch nicht sooo lange. Da gibt es meiner Meinung nach noch jede Menge Preiswürdigeres - wir machen das schließlich eben auch und vor allem, weil uns selbst der Con einen Heidenspaß macht. Auf der anderen Seite steht allerdings auch eine Menge Arbeit und die Nominierung zeigt, dass diese auch anerkannt wird. Sowas tut natürlich gut und steigert die Motivation. Daher, aller Skepsis zum Trotz, auch von mir herzlichen Dank allen, die für uns gestimmt haben.

Michael Schmidt: Wann findet der Marburg-Con 2014 statt?

TV: Der Con startet am Freitag, dem 25. April 2014, um 19.00 Uhr mit einem Vortreffen im Lokal „Mexicali“ in Marburg. Am Samstag, dem 26. April,  gibts dann ab 10.00 Uhr programm-mäßig mächtig was auf die Ohren (Börse, Lesungen, Vorträge, Preisverleihungen), bevor das Wochenende am Sonntag ab 10.00 Uhr mit einem Brunch ausklingt.


Michael Schmidt: Auf was dürfen sich die Besucher dieses Jahr freuen?

TW: Nachdem die Veröffentlichung des Programmes (leider) auch in diesem Jahr wieder sehr spät erfolgt ist, ist dieses aber nun seit einigen Tagen in aller Vollständigkeit auf unserer Homepage www.marburg-con.de einsehbar. Das Programm ist wieder genauso vielfältig ausgefallen wie im vergangenen Jahr, da dürfte für jeden was dabei sein. Alte Hasen und Genrebekanntheiten wie Tobias Bachmann und Markus K. Korb sind ebenso dabei und stellen ganz aktuelle Veröffentlichungen vor, wie auch wieder Newcomer wie Susanne Esch mit ihren Fantasy-Romanen. Es freut mich besonders, mit Ju Honisch die aktuelle SERAPH-Preisträgerin mit einer Lesung dabei zu haben, auch wenn das natürlich noch niemand ahnen konnte, als der Programmpunkt in die Wege geleitet wurde. Stolz bin ich auch auf die Teilnahme von Jack Moik, dem Mastermind hinter dem deutschen SF-Film Nydenion, der einen Vortrag zum Thema „Sci-Fi Feature Film made in Germany“ halten wird. Man muss wissen, dass der Film zu einem großen Teil im Untergeschoss einer Halle in Niederweimar, dem Austragungsort des Marburg-Con, und auch Außenaufnahmen in der Nähe entstanden sind. Thematisch sind also auch diesmal wieder die „drei großen Phantastik-Abteilungen“ Horror, SF und Fantasy abgedeckt.

Michael Schmidt: Ihr bringt auch ein Magazin raus. Erzählt mal!

TW: Ja, und damit hat diese ganze „Marburger Geschichte“ auch überhaupt erst angefangen. Vor „Urzeiten“, zur Blütezeit des Heftromans, hat Martin Dembowsky  als ganz junger Bursche ein Fanzine mit äußerst bescheidenen Mitteln, wie das damals so war, aus der Taufe gehoben. Das Ding hat sich dann weiterentwickelt und nach und nach kamen der Marburger Horror-Club (der heutige Marburger Verein für Phantastik), der regelmäßige Con und der Marburg-Award hinzu. Heute wird das Magazin im Digitaldruck mit vierfarbigem Umschlag und SW-Innenteil hergestellt, als rückengeklammertes A5-Heft auf festem, mattbeschichtetem Papier. Aus Geld- und Zeitgründen (die Erstellung des Magazins liegt zusätzlich zur halben Conplanung auch noch in meiner Verantwortung) können wir derzeit nur bis zu zwei Ausgaben pro Jahr machen. Inhaltlich gibt es mittlerweile fast ausschließlich Stories und Rezensionen, Vereinsinterna lasse ich, außer Infos zu Marburg-Con und –Award, nunmehr lieber draußen, das interessiert die Mehrzahl der Leser nicht, die eben nicht unbedingt auch Vereinsmitglieder sind. Früher haben überwiegend die Mitglieder die Beiträge bestritten, heute macht das kaum noch einer. Wir veröffentlichen traditionell die Siegergeschichte - mitunter auch die Plätze zwei und drei - des Marburg-Awards unabhängig von einer eventuellen Sonderpubliktion (noch einmal) im Magazin, für alle anderen Beiträge habe ich einen kleinen Stamm freier Mitarbeiter bzw. frage gezielt Bekannte aus der Phantastik-Szene an. Letztes Jahr habe ich die beiden Ausgaben als Doppelausgabe zum Marburg-Con konzipiert, wobei eine Ausgabe eine Themenausgabe mit Schwerpunkt „Dunkle Phantastik“ war. Das kam ziemlich gut an und ich würde das gerne wiederholen. Diesmal allerdings wird es nur eine Ausgabe geben können, da sich Con und Magazin so ein bisschen gegenfinanzieren, und da man die Kaution für das Bürgerhaus massiv erhöht hat, musste eine Ausgabe leider kurzfristig gestrichen werden. Na, mal sehen, wie die Bilanz nach dem Con aussieht …

Michael Schmidt: Jedes Jahr zum Con gibt es den Marburg Award. Wie heißt das diesjährige Thema und habt ihr schon viele Einsendungen erhalten?

TV: Der Einsendeschluss ist abgelaufen und wir haben einige Geschichten erhalten. Genauer gesagt, es sind 19 Stories, die das Thema „Atlantis“ aus allen möglichen Blickwinkeln beleuchten. Damit legen wir von der Beteiligung her niedriger als im letzten Jahr (45 Geschichten, absoluter Rekord), aber im Gesamtvergleich lief es sehr gut.

Michael Schmidt: Seit wann gibt es den Marburg Award und wer sind seine Preisträger?

TV: Der Marburg-Award wurde 1990 anlässlich des 10-jährigen Bestehens des damaligen „Marburger-Horror-Clubs“ ins Leben gerufen. Seither wird er auf jedem Marburg-Con verliehen. Unter den Preisträgern waren u. a. Thomas Backus, Markus K. Korb, Klaus Neff., Chris Schlicht und Bernhard Weißbäcker. Andreas Gruber hat auch einmal einen der vorderen Plätze belegt.

Michael Schmidt: Wer gehört alles zur Jury?

TV: Seit einigen Jahren besteht die Jury aus: Dirk van den Boom, Thomas König, Michaela Misof, Oliver Naujoks und Simone Will. 

Simone Will & Thomas Vaterrodt bei der Preisverleihung mit Preisträger Bastian Brinkmann
Michael Schmidt: Und seit wann gibt es den Marburg-Con? War der schon immer in Niederweimar und wart ihr von Anfang an dabei?

TV: Von der jetzigen Stamm-Crew war keiner von Anfang an dabei. Martin Dembowsky hat ihn zu Beginn der 1980er Jahr begründet. Ich selbst bin nach meiner Erinnerung 1986 das erste Mal auf dem Con gewesen. Damals ist der Con noch annähernd jährlich in andere Räumlichkeiten umgezogen und hat dabei von der Vielfalt der Marburger Studentenvereinigungen profitiert.
Eine Convention damals war auch vom Ablauf her anders als heute: Es gab einen großen Raum, in dem alles stattfand. Programmpunkte waren selten (wenn überhaupt). Im Wesentlichen ging es ums Quatschen mit den anwesenden Fans und Autoren. Hier wurden vertrauliche Ausblicke gegeben, welche Projekte bei Verlagen anstehen könnten oder auch Hinweise, wie es z. B. im Zamorra weitergehen würde (spärlich, weil WKG - Werner Kurt Giesa - uns nur den Mund wässrig machen wollte). Kurz: Es ging um den ungetrübten Spaß an den Hobbies Heftroman und Phantastik. Diese Atmosphäre versuchen wir auch heute noch zu bewahren, auch wenn natürlich die Ansprüche der Fans an eine Convention inzwischen andere sind.
Irgendwann (ich meine auch in 1990) ergab sich dann die heutige Mischung aus Börse, Lesungen und gemütlichem Beisammensein und die Räumlichkeiten mussten einfach mehr bieten. Seitdem zieht der Marburg-Con nur noch selten um - zuletzt (2011) eben nach Niederweimar, das ganz nah an Marburg dran ist.

Michael Schmidt: Ein Ausblick ins nächste Jahr. Bleibt ihr in Niederweimar? Und was habt ihr für die Zukunft geplant?

TV: Da die Gemeinde Weimar-Lahn uns gegenüber sehr freundlich und hilfsbereit ist, werden wir, wenn möglich, auch zumindest im Bereich dieser Gemeinde bleiben. Leider ist es für eine Veranstaltung unserer Größe nicht so einfach, geeignete Räumlichkeiten zu finden. Alles ist zu groß, zu klein oder liegt zu ungünstig.
Nach Cthulhu‘s Rückkehr, an der wir für die Zukunft kräftig arbeiten, wird sich das Problem aber endgültig lösen ;-) Im Ernst: Wir sind eine kleine Crew und haben nur ein schmales Budget. Daher wird es keine großen plötzlichen Änderungen geben, sondern wir setzen auf Kooperationen und organisches Wachstum. Dass der Vincent Preis jedes Jahr bei uns verliehen wird, ist so ein Beispiel für eine gelungene Kooperation zum beiderseitigen Nutzen. Tolle Sache!

TW: Der Gedanke, was man künftig besser oder anders machen könnte, ist eigentlich ein permanenter Begleiter und führt letztlich immer zur Überlegung, ob man nicht größer werden kann oder dies überhaupt möchte. Ganz klar ist, dass wir ohne personelle Verbesserung das „Bürgerhaus-Niveau“ gar nicht überschreiten können. Wir haben uns letztes Jahr verstärkt Gedanken dazu gemacht und uns einmal die restlichen Bürgerhäuser der Gemeinde Weimar-Lahn näher angesehen. Das sind aber alles keine Verbesserungen, bis auf eines. Das ist zwar meiner Meinung nach eine Suuuuuuper-Location, aber für unsere Verhältnisse noch zu groß und damit auch entsprechend teurer und liegt auch etwas abseits. Das wäre eine wünschenswerte Alternative, die wir durchaus im Hinterkopf behalten wollen, aber dafür müsste der Marburg-Con erstmal so richtig gut laufen und aus allen Nähten platzen. Vorher ist uns das Risiko einfach zu hoch, wenn wir uns verspekulieren, war es das dann erst einmal mit dem Con.

Michael Schmidt: Was ist euer persönliches Highlight beim Marburg-Con?

TV: Ich freue mich besonders darauf, die ganzen Leute wieder zu sehen. Und dann natürlich auf die Preisverleihungen zum Vincent-Preis und Marburg-Award.

TW: Ganz klar das Wiedersehen mit vielen, teilweise sehr lieb gewonnenen, Freunden und Bekannten aus der Phantastik-Szene. Deswegen veranstalten wir den Zirkus ja überhaupt … ;-)

Thomas Will (l.) mit Dirl Bützer, Eric Hantsch und Verlger Steffen Janssen
Michael Schmidt: Ein Wort über die Szene!

TV: Anfangs sah es so aus, als würde sich alles ins Internet verlagern. Ich freue mich, dass dem nicht so ist. Conventions haben wieder Zulauf und die Szene ist lebendig und kreativ wie nie. Als Mensch, der früher Fanzines im Kopierladen erstellt, die Seiten von Hand sortiert und dann manuell geheftet hat, kann ich es manchmal kaum fassen: Autoren und Fans können sich ohne Verlag publizieren und jeder kann  - wenn er will - die Werke als eBook oder im Print kaufen. Ganz ohne Druckerei im Keller können Verlage gegründet und betrieben werden. Das Kostenrisiko ist ungleich geringer als je zuvor.
Gerade ist - bei allen Nachteilen, die das auch mit sich bringt - eine tolle Zeit!

TW: Wir leben heutzutage in einem Phantastik-Schlaraffenland. Phantastik ist allgegenwärtig, in Literatur, Film, (Computer-)Spiel usw. Wir haben eine Verfügbarkeit, Vielfalt und Möglichkeiten, als wären alle „feuchten Jung-Fan-Träume von früher“ wahr geworden. Die allgemeine Akzeptanz von Phantastik ist in ungeheurem Maß gestiegen und mittlerweile sind sogar „wir verrückten Nerds“ selbst Handlungstragende in Filmen und Fernsehserien. Gerade auch das Internet hat sehr dazu beigetragen und ich finde, vieles HAT sich ins Internet verlagert und das tut es bei immer neuen technischen Möglichkeiten weiterhin. Das „Ankommen der Phantastik im Mainstream“ bringt dabei auch eine Flut an Informationen an vielen unterschiedlichen Stellen mit sich, bei der der geneigte Fan kaum noch den Überblick behalten kann. Es sind dabei auch zig unterschiedliche Phantastik-Sub-Szenen entstanden (oder haben dadurch ihre Möglichkeit zur Entfaltung erhalten), sowohl thematisch als auch vom Medium her. Das ist nichts Schlechtes, es ist, wie Thomas sagt, eine tolle Zeit! Allerdings macht es das mittlerweile schwierig von „der Szene“ zu reden. Der Phantastik-Fan von heute schafft sich meiner Meinung nach seine ureigene Szene, indem er je nach persönlichen Interessen diese gewaltige Vielfalt durchstreift und dabei entsprechende vielfältige Kontakte und Freundschaften pflegt. Sicherlich gibt es dabei bei aller Vielfalt auch so einiges an Schnittmengen. Den Leuten ist, denke ich, mittlerweile aber auch bewusst geworden, wie wichtig letztlich auch der zusätzliche (sporadische) persönliche Kontakt für die Erschaffung dieser „eigenen Szene“ ist. Das kann kein Internet ersetzen und das merke ich auch selbst immer wieder. Ich schätze, auch daher rührt der von Thomas angesprochene Zulauf bei Conventions. Und das ist auch richtig so. Leute, unterstützt die Cons im Lande durch eure Teilnahme und nutzt diese Chance zur persönlichen Kontaktpflege, glaubt mir, das macht einen Heidenspaß. 

Michael Schmidt: Ein letztes Wort an die Meute dort draußen!

TV: Seid kreativ, unterstützt Kleinverlage (z. B. durch Einkäufe auf dem Marburg-Con ;-)
Am wichtigsten jetzt aber erstmal: Stimmt beim Vincent-Preis ab! Egal für wen, je mehr sich beteiligen, desto stärker wird er wahrgenommen und umso besser für alle.

TW: Was soll ich noch sagen? Kommet zuhauf und füllet unsere Kassen, damit der Marburg-Con wachse und gedeihe … ;-)  Nein, im Ernst, ich schließe mich meinem Vorredner an und bitte um massive Beteiligung am und jede nur erdenkliche Unterstützung für den Vincent Preis.

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