Torsten Scheib zu Gast beim Vincent Preis
Torsten Scheib zu Gast beim Vincent Preis und im Gespräch mit Vincent Voss
Stell dir einen schlichten, schwarzen Raum vor, zwei
sich gegenüberstehende blutrote Kanapees, einen schlichten, weiß lackierten
Tisch, eine weiße Vase mit einer schwarzen Dahlie zum Inhalt. Im Hintergrund
hören wir Hank Williams https://www.youtube.com/watch?v=MlEAaBKR48g
VV: Moin Torsten, herzlich Willkommen hier beim Vincent Preis. Schön, dass du
da bist. Was möchtest du trinken?
TS: Habt ihr Radler? Dann nehme ich einen.
VV: Klar, bitte. Dein Roman „Showdown in Courage“ aus dem Verlag Hammer Boox
ist auf der Nominierungsliste des Vincent Preis vertreten. Ich frage mal so …
Ist der Roman eine typische Kurzgeschichte aus deiner Feder?
TS: So begann er. Als möglichen Beitrag für eine bedauerlicherweise nie
zustandegekomme Horror-Western-Anthologie. Doch der Scheib, der kann ja
bekanntermaßen nicht kurz. Also stand ich letzten Endes praktisch mit einer
Novelle ohne Verlag da. Die zwar ins Buch gekommen wäre laut dem Herausgeber,
aber so, als eigenständiges Werk ist es jetzt natürlich auch eine feine Sache.
VV: Wie bist du auf den Genre-Mix gekommen? Western und Zombies?
TS: Nicht lachen: ZACK, einfach so. Da war er.
VV: In einem deiner letzten Interviews hast du einmal gesagt, alles würde sich
jetzt in deinem Schreibkosmos miteinander vernetzen. Jetzt habe ich aber im
Nachwort gesehen, dass „Showdown in Courage“ schon vor längerer Zeit
geschrieben worden war. Fügt sich die Geschichte jetzt auch in den Kosmos? Und
wie kam es dann erst zu einer so späten Veröffentlichung?
TS: Ich werde auch das meiste miteinander vernetzen, auf alle Fälle. Welches
Plätzchen SHOWDOWN abkriegt, bleibt abzuwarten. Aber gerade das ist doch das
Spannende daran, findest du nicht?
VV: Okay. Aber alles, was jetzt kommt, wird in großen Zusammenhängen gedacht?
So ähnlich wie bei King?
TS: Ich versuche es zumindest. Macht Laune und mitunter entwickelt so mancher
Charakter, so manche Ausgangslage ein Eigenleben. Ich liebe es.
VV: Cool! Deine letzten Werke, finde ich, haben immer geknallt. Sehr
actionreich und cineastisch. Wie kommt es? Ich frage das deshalb, weil Action
nicht einfach zu schreiben ist.
TS: Insgeheim bin ich eben ein Action-Junkie und auf's Budget muss ich ja nicht
achten. Da ich Filme und das ganze Drumherum liebe (also auch Dinge wie
Kameratechniken, Spezialeffekte usw. bisweilen analysiere) übertrage ich die
filmische Erzählweise partiell auf das Schreiben und sogar auf das Lesen von
Romanen. Eine Form von visuellem Denken, sage ich mal.
VV: Spielt dabei auch eine Rolle, wie du zum Horror gekommen bist? Erzähl mal,
wie war das dabei?
TS: Hmm … Weniger. Der eine oder andere Film war da durchaus initialzündend, aber
hauptsächlich waren diverse Cover aus der Plattensammlung meines älteren
Bruders, Gespenster-Comics, Hörspiele und Romanhefte schuld daran.
VV: Und deine eigenen ersten Schreibbemühungen? Wie sahen die aus?
TS: Das war 2002. Fantasy, sehr unbeholfen. Eine Weile schrieb ich daraufhin
sehr knapp und überschaubar à la Laymon. Meinen "Stil", wenn ich ihn
so bezeichnen darf, fand ich erst vor ungefähr 5-6 Jahren, beim Verfassen
meines alleresten Romans, TOXIC LULLABY.
VV: Was ist denn eigentlich „Horror“ für dich?
TS: Hilflosigkeit, in allen Formen.
VV: Gibt es guten und schlechten Horror?
TS: Aber ja doch. Zu viele erzählen einfach nach, und bleiben auf längst
ausgetrampelten Pfaden, andere übertreiben es mit Splatter und Gore und
Abartigem und verkommen zu Parodien. Aber freilich existiert auch das gute
Zeug.
VV: Hat das Übersinnliche auch einen Platz in deinem Alltagsleben? Hast du
selbst Dinge erlebt, die du dir nicht erklären kannst?
TS: Weniger. Woran ich immer mehr glaube, ist Karma; positive und negative
Energien in Synergie miteinander. Ich denke, so etwas existiert und ich denke,
man kann es beeinflussen. Was ich glauben WILL ist, dass es ein Leben nach dem
Tode gibt; einen herrlichen Ort, an dem du deine Liebsten endlich wieder in die
Arme schließen kannst.
VV: Ja, das wär schon schön! Meine Lieblingsfrage … das Gruseligste, das dir je
passiert ist?
TS: Ich war zwölf, als ich im Kroatienurlaub das Vergnügen hatte, mit zwei
Haien das Meer zu teilen. Bin rausgeschwommen (weit raus, weil Wasserratte und
so), höre das Gebimmel einer Glocke, begreife nicht, warum Gott und die Welt so
eilig ans Ufer wollen - und gute zehn Meter vor mir tauchen zwei untrügliche
dreieckige Flossen auf.
VV: Du äußerst dich als Künstler ja auch ziemlich deutlich zu politischen
Ereignissen. Gibt es da Anfeindungen? Sollen Künstler da mehr „Gesicht zeigen“?
TS: Kaum Anfeindungen, die meisten sind gute, vernünftige, empathische Leute.
Die paar Arschlöcher mit ihren zumeist ziemlich rechtslastigen Ansichten
verbanne ich direkt aus meiner Umgebung. Meistens stolpern die ja über ihren
eigenen Mist, was mir nur sehr bedingt leidtut. Ich sehe mich nicht als
Künstler. Nur als Mensch. Und es mir ein Bedürfnis in Zeiten von blauen Nazis,
zunehmender Verrohung, Dummheit und Egoismus das Maul aufzumachen. Das sollten
wir alle. Und uns wieder aufzumachen. Das sollten wir alle. Und uns wieder auf
Manieren besinnen.
VV: Okay. Jetzt will ich noch mal den Bogen zum
Vincent Preis schlagen. Du warst ja oft dabei, oft in der Endrunde und auch auf
dem Treppchen. Letztes Jahr hast du in Marburg eine beindruckende Laudatio
gehalten. Was bedeutet der Vincent Preis für dich?
TS: Ich bin für jede Nominierung, jeden Preis
unendlich dankbar und auch stolz, zumal ich selbst mitunter an mir und meinen
Arbeiten zweifle. Darüber hinaus ist der Preis ein Ansporn für die alten Hasen
wie den Nachwuchs und allerspätestens in Marburg zur Verleihung bringt er die
Szene zusammen. Das muss so bleiben und wenn ich ein Stückweit dazu beitragen
kann, sehr gerne.
VV: Na, da wünsch ich viel Glück. Magst du erzählen,
welche Projekte du dir für die Zukunft vorgenommen hast?
TS: Demnächst wird's unter anderem märchenhaft, es ist
was vampirisches vorgesehen und ferner werde ich mich noch in anderen Genres
versuchen.
VV: Vielen Dank, Torsten, dass du da warst. Viel
Erfolg für die Endrunde!
TS: Sehr gerne und vielen Dank. Ich drücke dir auch
ganz feste die Daumen!
Bullets (Wie aus der Pistole geschossen …)
VV: Ich hasse Coldplay, weil …?
TS: Das Langweiligste überhaupt. Nur Gejammere. Kann
man nur hassen.
VV: Daniel Craig oder Sean
Connery als James Bond?
TS: Timothy Dalton!
VV: Warum?
TS: Dalton ist Flemings Bond und Craig nur zwanzig
Jahre früher.
VV: Dein Lieblingsmonster ist …?
TS: Trotz allem weiterhin der gute alte Zombie.
VV: Nebel oder Sturm?
TS: Nebel, wenn man's klassisch spukig mag.
VV: Budget egal. Alles ist möglich. Welcher Stoff?
RegisseurIn? Darsteller und Darstellerin? TS: Kim Newmans ANNO DRACULA-Romane
als groß angelegte Fernsehserie. Oder ich erfülle Steven Spielbergs Lebenstraum
und lasse ihn einen Bond drehen. Oder ich verfilme Robert Mccammons WOLF HOUR.
Ich könnte noch stundenlang so weitermachen ...
VV: Eine Horror-Ikone, die du gerne kennen lernen
würdest?
TS: Katherine Isabelle!
VV: Vampir oder Werwolf?
TS: Mal der eine, mal der andere.
VV: Es mehren sich dubiose Nachrichten über eine
Zombifizierung? Ab wann würdest du reagieren?
TS: Wahrscheinlich wäre ich einer von den Allerersten.
VV: Wie?
TS: Ab in den Untergrund. Oder in einen geeigneten
Keller.
VV: Welches Land würdest du gerne kennenlernen?
TS: Kanada.
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