Interview mit Uwe Voehl




















Vincent Preis: Hallo Uwe, der Horrorgemeinde solltest du kein Unbekannter sein. Trotzdem, stell dich doch mal kurz vor. Wer steckt hinter dem Namen Uwe Voehl?


Uwe Voehl: Ich habe mein ganzes Leben fast ausschließlich Horrorromane und Horrorstorys geschrieben. Als ich letztes Jahr einen runden Geburtstag feierte, wurde mir bewusst, dass ich mir davon nur nichts kaufen konnte. Also dachte ich, schreibst du einfach mal Krimis, um reich und berühmt zu werden. So richtig geklappt hat das noch nicht, aber immerhin bin ich plötzlich stadtbekannt. Der Postbote, der Metzger, alle wollen sich mit mir plötzlich über Krimis unterhalten. Ich komme mir vor, als wäre ich seit dreißig Jahren zum ersten Mal wieder aus einem Kellerloch gekrabbelt. Erst gestern hatten wir hier in Bad Salzuflen eine wunderschöne After Dark-Krimilesung im Grünen. Es waren über hundert Zuschauer da. Die Vorstellung war ausverkauft. Das passiert mir mit meinen Horror-Storys so schnell nicht. Mal schauen, wie lange das andauert und was daraus noch wird.


Vincent Preis: „Der Kuss der Medusa“ ist ein Eifelgruselkrimi mit unbequemen, weil nicht hollywoodgerechten Protagonisten. Wie kam es zu der Idee und wovon handelt der Roman?



Uwe Voehl: Im Roman geht es um ein ziemlich snobistisches Kölner Pärchen, das sich in der Eifel eine Burg kauft. Der Protagonist wächst im Laufe der Handlung hoffentlich nicht nur mir immer mehr ans Herz, denn im Grunde steckt er trotz des Erfolges voller Selbstzweifel. Nach und nach geschehen in seinem neuen Domizil ziemlich irritierende Dinge. Zunächst sind die Einschläge in die Wirklichkeit nur peripher, doch irgendwann fällt es den beiden schwer, Wirklichkeit und Alpträume auseinanderzuhalten. Ich arbeite gern mit verschiedenen Ebenen der Realität. Ich bin überzeugt, dass es mehr als nur die eine gibt.



Vincent Preis: Sind weitere unheimliche Romane bei KBV geplant?



Uwe Voehl: Zur Zeit leider nicht. Dafür erscheinen im Laufe des Jahres noch zwei Krimikurzgeschichten von mir bei KBV. Zum einen mein Beitrag zur Criminale, dem alljährlichen Zusammentreffen deutschsprachiger Kriminalschriftsteller. Die Story heißt „Abendgrauen in Kommern“. Im dort ansässigen Freilichtmuseum fand letztes Jahr zu Halloween eine Grusellesung statt, an der u.a. auch Michael Siefener und ich teilnahmen. Es war eine zwar kalte und regnerische, aber überaus interessante nächtliche Veranstaltung. Einige meiner Eindrücke habe ich in der Story verarbeitet. Sie erscheint in dem von Ralf Kramp herausgegebenen Taschenbuch „Nordeifel-Mordeifel“. Die zweite Story schreibe ich für die von Carsten Sebastian Henn zusammengestellte Storysammlung „Wein, Mord und Gesang“. Mir wurde das Stargarder Land zugewiesen. Immerhin wusste ich bis dato nicht, dass Mecklenburg-Vorkommern ein Weinanbaugebiet ist. Ich hoffe, der Wein schmeckt, denn ich habe mir zu Recherchezwecken erst mal eine ganze Kiste bestellt.





Vincent Preis: Letztes Jahr zweiter in der Kategorie Roman mit „Totenmeer“. Jetzt wieder auf der Nominierungsliste. Was bedeuten dir die Nominierungen?



Uwe Voehl: Sehr viel. Die Urkunden vom letzten Jahr hängen alle über meinem Schreibtisch. Im Gegensatz zum Deutschen Phantastik Preis, der eher ein auflagenorientierter ist, voten beim Vincent Preis ausschließlich Fachleute, die in der Mehrheit auch die Bücher der Kleinverlagsszene kennen. Nicht dass KBV dazugehört, aber die Auflagen sind nicht derart berauschend, dass „Der Kuss der Medusa“ auch nur im Geringsten mit den Kollegen Heitz oder Hardebusch mithalten könnte. Außerdem betrachte ich das Horror-Forum ein bisschen als meine Heimat. Ich bin ja nicht nur Autor, sondern auch Fan. Insofern bedeutet mir der Vincent Preis eine ganze Menge. Aber genauso gönne ich ihn den anderen Kollegen. Deswegen werde ich auch selbst wieder mitwählen und bin gespannt, wer in den verschiedenen Kategorien das Rennen machen wird.





Vincent Preis: 2009 ist ja erschienen. Was kann der Leser 2010 von Uwe Voehl erwarten?



Uwe Voehl: In puncto Horror lege ich zur Zeit leider eine Pause ein, sieht man einmal von meiner Exposéarbeit für die Serie „Coco Zamis“, die nach wie vor im Zaubermond-Verlag erscheint, ab. Und einer kleinen Horrorstory, die ich für die von Boris Koch herausgegebene Anthologie „Gothic – darker Stories“ geschrieben habe. Ach ja: „Dunwich – ein Reiseführer“ – ist der nicht auch erst dieses Jahr erschienen? Dafür habe ich die Story „Totensee“ geschrieben, eine Art Sequel zu meiner Novelle „Totenmeer“. Gemeinsam mit Timo Kümmel plane ich seit Jahr und Tag ein umfangreiches Projekt – man kann das weder Roman noch Comic noch Bildband nennen. Sollten wir da wirklich mal in die Pötte kommen, wird es sicherlich etwas sehr Revolutionäres werden. Und ja, auch an mir geht der Twighlight-Boom nicht ganz vorbei. Wenn alles klappt, erscheint zur Leipziger Buchmesse im nächsten Jahr der erste Band einer All Age-Horror Serie aus meiner Feder.





Vincent Preis: Du bist ja schon lange im Geschäft. Wie beurteilst du die deutsche Horrorszene und ihre Entwicklung in den letzten und den nächsten Jahren?



Uwe Voehl: Sie stagniert. Der Kreis derjenigen, die atmosphärischen, anspruchsvollen deutschsprachigen Horror kaufen, ist nach wie vor sehr überschaubar. Ich denke mal, je nach Autor sind das fünfzig bis zwei- oder höchstens dreihundert Leute. Ich lese fast nur die Bücher aus Kleinverlagen, weil mich die Autoren meistens mehr interessieren. Leider ist dabei oft auch sehr viel Schlechtes darunter, gerade was die Übersetzungen angeht. Manche Hobby-Verleger überschätzen sich auch, ebenso wie mancher Autor, der sich zwar in einem Hochglanz-Taschenbuch wiederfindet, dessen Inhalt jedoch vor Fehlern strotzt oder gar völlige Fan-Prosa enthält. Ich bewundere auf der einen Seite Leute wie Michael Siefener oder Malte S. Sembten, die nur noch das Schreiben, was sie auch möchten und den finanziellen Background beiseiteschieben. Aber ich bewundere ebenso Autoren wie Markus Heitz, mit denen ich zwar inhaltlich nicht konform gehe, die aber kommerziell eine Bresche für die dunkle Phantastik geschlagen haben. Zu beiden zähle ich mich nicht: Ich möchte weder ausschließlich für ein paar Phantastikkenner schreiben noch meinen Stil der Masse opfern. Boris Koch hat das ganz gut verstanden. Ich habe letztens seinen Vampirroman „Gebissen“ gelesen. Das war ein spannender Horrorroman, erschienen bei Heyne, den sicherlich auch jene goutieren konnten, die sonst wenig mit Phantastik am Hut haben – und dennoch war der Stil 100% Boris.



Mehr über mich:

Uwe Voehl

Die Nominierungsliste: Vincent Preis 2009

Kommentare

  1. Ein sehr sympathisches Interview! Ich finds vor allem toll, dass der Autor den Preis, für den er nominiert wurde, auch zu schätzen weiß.

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